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Seelenabgründe

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Noch konsequenter als Arthur Penn bei „Bonnie und Clyde” versuchte Richard Brooks mit seinem neuesten Film „Kaltblütig” absolute Authentizität des nachempfundenen Geschehens zu erreichen, nämlich des Mordes an einer amerikanischen Farmerfamilie, der Ergreifung, Verurteilung und Hinrichtung der Mörder.

Der bekannte amerikanische Schriftsteller Truman Capote war von den Fakten dieses in seiner sinnlosen Brutalität einzigartigen Kriminalfalles so fasziniert gewesen, daß er aus den Aussagen aller nur irgendwie Beteiligten den Hergang der Geschehnisse zu rekonstruieren versuchte. So entstand „In cold blood” (Kaltblütig), ein Buch, das die Dramatik des Tatsachenberichtes, der Dokumentation, mit sprachlichen und stilistischen Elementen des Romans verbindet. Gleichzeitig eine Analyse der Täter, eine Schilderung ihres Familienmilieus, ihres „Werdegangs”, wie sie in dieser Art wphl einmalig ist.

Capote ging dabei schon bei seinem Buch durchaus filmisch vor: die Verschachtelung der Parallelhandlungen, die geschickte Zurückstellung der dramatischen Höhepunkte ins zweite Drittel des Streifens, das alles kam der Verfilmung durch Richard Brooks sehr zustatten. Brooks konnte den Ablauf des Geschehens fast unverändert abrol- len lassen, doch haben sich — wie bei einer Verfilmung üblich und fast unvermeidlich — die Akzente verschoben. Erstens ist der Romanautor dem Verfilmer bei der Charakterisierung verschiedener Personen oft weit überlegen, zweitens aber ging es Capote vorwiegend um die Rekonstruktion der Motive, Brooks um die prinzipielle Frage von Schuld und Sühne.

Capote versteht es, mit seinem Buch — wenn schon nicht Sympathie — so doch zumindest Verständnis für die Mörder zu wecken. Brooks geht einen Schritt weiter: Er stellt die Diskussion auf eine höhere Ebene und zweifelt den Wert der Todesstrafe als Sühnemittel an. Allerdings leistet ihm seine eigene realistische Darstellungsweise — die auch den brutalen Mord in allen Einzelheiten zeigt — dabei schlechte Vermittlerdienste. — Der Film wurde ausschließlich an Originalschauplätzen gedreht, auch ein Teil jener Personen, die damals das Geschehen miterlebten, spielt im Film sich selbst.

In Scott Wilson und Robert Blake, die den wirklichen Tätern verblüffend ähnlich sehen, fand man hervorragende Charaktere für die Verkörperung des Mörderduos. Ein faszinierender Film!

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