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Wir brauchen Gesetze statt Konventionen

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Einerseits gebührt der Wirtschaft alle ernste Zuwendung, weil die Menschen von ihr leben. Andererseits verdient sie Mißtrauen, weil sie unredliche Machenschaften und epochale Fehlentwicklungen zumindest zuläßt, wenn schon nicht begünstigt, sie jedenfalls nicht in sich ausschließt.

Die Retonung liegt auf „in sich“: weil alle volks- und betriebswirtschaftlichen, Rilanz- und Steuervorgaben stets nur über die Abstraktion von ziffernmäßigen Geldeinheiten vermittelt werden, das hinter ihr konkret ablaufende Geschehen der Reliebigkeit überlassen - wenn nur die Vermögens- und Erfolgsbilanz stimmen. Auch die Wirtschaftsverfassung unterliegt also ehrenvoller Rewährung ebenso wie verwerflicher Tücke.

In ihrer augenscheinlichen Allgegenwart und Schicksal haftigkeit hat die Wirtschaft für viele die Eigenschaft von eherner Gesetzhaftig-keit angenommen. Angebliche Sachzwänge verdrängen menschliche Empfindungen und Einsichten. Der ökonomische Imperativ - Ausgaben dürfen Einnahmen nicht übersteigen - signalisiert physikalischen Zwang. Aber sowohl die Wirtschaftsverfassung wie die einzelne Wirtschaftsführung sind durchaus von den Vorstellungen und Vorlieben der Menschen gestaltet, geprägt. Von physikalischer Stringenz ist hier gar nichts!

Die praktische Wirtschaftswirklichkeit ist ein riesiges Feld von Anschauungen, Meinungen, Absichten, Antrieben, Vorlieben, Versuchungen, Verbrechen. Darum gibt es auch unterschiedliche Theorien, eigentlich Ideologien, zu ihrer strukturellen Gestaltung - von der Staatsplanung bis zum Liberalismus, von der Zentralverwaltung bis zum freien Markt - alle letztlich nur teil- bis unwirksam.

Aus ethischer Sicht muß das demütige Rekenntnis abgelegt werden, daß die geltende Wirtschaftsverfassung unfertig ist. Daß die für die konkreten Lebensführungen so maßgebenden Gesetze nur den Rang von Konventionen haben, also befristeten halbblinden Ubereinkünften, die mit zunehmender Einsicht verbessert, verfeinert werden müssen. Wünschenswerte ökonomische Entwicklung hängt datier zutiefst von geistiger Klarheit, sozialer Sorgfalt und moralischer Reinheit ab.

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