Marokko

Erdbeben in Marroko: Warum nicht alle Staaten helfen durften

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Marokko hat nach den schweren Erdbeben im Land die Hilfsangebote vieler Staaten ausgeschlagen. Experten sehen darin eine politische Botschaft. Nur jene Staaten, die den Anspruch Rabats auf die Westsahara anerkennen, wurden in die Krisengebiete vorgelassen.

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Marokko hat nach den schweren Erdbeben im Land die Hilfsangebote vieler Staaten ausgeschlagen. Experten sehen darin eine politische Botschaft. Nur jene Staaten, die den Anspruch Rabats auf die Westsahara anerkennen, wurden in die Krisengebiete vorgelassen.

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Österreich wird jederzeit helfen, wo in den Katastrophengebieten Marokkos Hilfe benötigt wird“, erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer wenige Stunden nach Bekanntwerden des Erdbebens in Zentralmarokko – und verwies unter anderem auf die WASH-Tools („Water, Sanitation and Hygiene Promotion“) des Österreichischen Roten Kreuzes, die jederzeit angefordert werden könnten.
Allerdings: Rabat wollte die Hilfe aus Österreich gar nicht. Ebenso wenig nahm es die Hilfsangebote von Frankreich, Deutschland, den USA oder Israel an – und jene des Nachbarlands Algerien schon gar nicht.

Trotz der Dimension der Zerstörung und fast 3000 Todesopfern akzeptierte Marokko bisher nur von vier „befreundeten“ Ländern Unterstützung: Spanien, Großbritannien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Was steckt dahinter? Die offizielle Begründung: Man erwarte einen „kontraproduktiven“ Mangel an Koordination unter den ausländischen Hilfstrupps, setze in den Katastrophengebieten auf das heimische Heer. Doch das geriet längst an seine Grenzen. Haizam Amirah Fernández, Politikexperte für die arabische Welt am spanischen „Real Instituto Elcano“ (einem renommierten politischen Thinktank) bezeichnet die Argumente der marokkanischen Regierung als „vorgeschobene Scheingründe“. „Der wahre Grund ist zum Leid der Bevölkerung ein geopolitischer“, ist der Maghreb-Experte überzeugt. „Von Ländern, die nicht den marokkanischen Anspruch auf die Westsahara anerkennen, will Rabat keine Hilfe annehmen. Das ist eine politische Botschaft.“

UN fordert seit 1975 den Rückzug aus der Westsahara

Nachdem Spanien seine Kolonie im Süden Marokkos 1975 im Zuge des internationalen Dekolonisierungsprozesses der Vereinten Nationalen (UN) verließ, annektierte Marokko einfach große Teile des Gebiets. Seither fordert die UN den Rückzug Marokkos aus der Westsahara, wo die Frente-Polisario-Befreiungsfront bis heute für die Unabhängigkeit ihres Landes kämpft. Doch Rabat denkt gar nicht daran, die menschenleere Wüstenregion mit gerade einmal einer halben Million Einwohnern aufzugeben, die fast so groß ist wie Marokko selbst. Hier schlummert neben großen Erdölfeldern das größte Phosphatvorkommen der Welt. Zudem sind die Gewässer der Atlantikküste hier besonders fischreich, und die Küste hat großes Potenzial für Sonnen- und Windenergie.

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