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Neulich durchlitt ich vollkommen unvorbereitet einen kalten Entzug. Den Flug hatte ich abstinent gut überstanden. Aber nach der Ankunft am Urlaubsort natürlich sofort der Griff zum Handy. Doch auf dem Display nur schwarze Leere. Noch schwärzer war das Loch, in das ich fiel, als ich begriff, dass meine Originaldroge nicht mehr einsatzfähig und ein vollwertiges Substitutionsmittel in der fremden Umgebung so rasch nicht zu beschaffen war.

Schlagartig also keine Ahnung mehr, was in der Welt los war. Keinen Zugriff auf E-Mails, inklusive der Buchungsbestätigung für das Hotel plus dessen Adresse. Ich war für niemanden und niemand war für mich erreichbar. Die einzige Telefonnummer, die ich auswendig kannte, war die meines Mannes. Der wiederum war der einzige, den ich nicht anrufen musste, da er neben mir stand.

In den folgenden Tagen durchlebte ich klassische Entzugserscheinungen wie innere Unruhe und Reizbarkeit. Aber immer häufiger auch euphorische Höhenflüge. Wie schön war es doch, nicht ständig im Handy nachzuschauen. Sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren zu können. An diese Erfahrung muss ich denken, als ich von der neuen Modeerscheinung höre: Achtsamkeits-Apps auf dem Smartphone. Ein Milliarden-Geschäft, weil Millionen Menschen hoffen, ihre immer schneller dahinrasenden Gedanken mit Hilfe von speziellen Handy-Programmen zur Ruhe zu bringen. Die Ruhe-Apps bieten Meeresrauschen oder Kaminknistern, während eine sonore Stimme dazu auffordert, sich selbst und die Umgebung ganz bewusst wahrzunehmen. Die gewonnenen Achtsamkeitserfahrungen kann man gleich per Facebook-App teilen. Ich denke jetzt über die Entwicklung einer ultimativen Achtsamkeits-und Partnerschafts-App nach. Eine, die das Handy ohne Vorankündigung für ein paar Tage komplett abschaltet.

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