Das Betteln auf hohem Niveau

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Jawohl, betteln muss erlaubt bleiben, solange es nicht kriminell betrieben wird. Diesen Stachel im Fleisch brauchen wir alle jeden Tag - und sei es fürs dankbare Nachtgebet, wenn wir es selbst nicht nötig haben. Gilt das auch für das Betteln auf hohem Niveau, das täglich unsere Briefkästen füllt? Ja, gilt auch dafür. Daher: Hut ab vor allen, denen dazu in den letzten Jahren etwas eingefallen ist. Und es ist den Spendensammlern für hungernde Kinder und leidende Alte, für Behinderte und Patienten mit Sonderkrankheiten, Gewalt- und Folteropfer, Jugendliche ohne Eltern und ohne Bildungschancen viel eingefallen.

Zum Beispiel: Zahlscheine viermal im Jahr auszuschicken, das führt dann zu saisonalen Briefkastenüberladungen. Oder: Appelle, doch Überweisungsaufträge zu erteilen oder, noch besser, Abbuchungsermächtigungen. Das ist schon nicht mehr jedermanns Sache, das Gewissen quasi anzubinden. Beliebt ist auch der Hinweis, was mit einer bestimmten Summe erreicht werden kann: ein Brunnen, ein Medikament, ein Stipendium. Da werden Untergrenzen markiert, unter die keine Spende sinken soll. Zehn Euro waren das am Anfang, bald sind 20 und 30 daraus geworden. Jetzt gibt es schon Briefe, was man "schon“ mit "nur 50 Euro“ bewirken kann.

Jüngst stand ein adrett gekleideter Herr einer renommierten Hilfsorganisation vor der Tür, der gar kein Bargeld annehmen wollte: Unterschrift in einem großen Buch (das man dann herumzeigen kann: "Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem Nachbarn …“) genügt, alles andere werde einem abgenommen. Was man durchaus wörtlich nehmen darf.

Irgendwie taucht dann eines Tages doch auch die Frage auf, ob nicht selbst betteln auf hohem Niveau eine Aggressionsgrenze vertrüge. Das könnte auch im Interesse der Nutznießer humanitärer Sammlungen liegen, welche, wie gesagt, auch in Zukunft unverzichtbar bleiben.

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