"Der Apfel fällt ..."

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Der Bulgare Dimitar Stojanov komplettiert die neue EU-Rechtsaußen-Fraktion und verspricht dieser noch mehr Zuwachs.

Identität, Tradition und Souveränität", die jüngste Fraktion im Europäischen Parlament stellt mit dem 23-jährigen Dimitar Stojanov auch den jüngsten Abgeordneten unter den 785 Europa-Parlamentariern. Stojanov kommt aus einschlägigem Haus: Seine Mutter, Kapka Georgieva, ist Chefredakteurin des ultranationalistischen Zeitung Ataka, sein Stiefvater Volen Siderov der Anführer von Bulgariens Rechtsextremen.

Der Nachwuchs-Politiker mit dem Bürstenschnitt studiert Rechtswissenschaften in Sofia. Sein Debüt auf dem europäischen Medien-Parkett machte Stojanov im September 2006, als er - damals noch Beobachter im Europäischen Parlament - ein E-Mail mit beleidigenden Äußerungen gegen die ungarische Roma-Abgeordneten Livia Jaroka an andere Abgeordnete schickte. Auch antisemitische Sprüche sind von ihm zu hören: "Es gibt viele mächtige und reiche Juden, die den Medien Geld geben, um die Einstellung der Menschen zu formieren", sagte er jüngst im Gespräch mit der britischen Zeitung Telegraph. Zudem würden Juden sich an ökonomischen Krisen in Ländern wie Bulgarien bereichern, so Stojanov.

Gegen Juden und Zigeuner

Auch in Bulgarien ist Stojanov kein Unbekannter - vor allem wegen seiner Familienbande. Er ist Enkel des bekannten Satirikers Radoj Ralin. Nun hat Stojanov auch einen prominenten Stiefvater: den Anführer der bulgarischen Partei "Ataka", Volen Siderov, der im November 2006 Stojanovs Mutter heiratete. Das Ehepaar unterhält das Verlagshaus "Bumerang", in dem Siderovs verschwörungstheoretische Bücher erschienen sind.

Erfolg beim ersten Anlauf

Ataka wurde vor den letzten Parlamentswahlen in Bulgarien im Juni 2005 gegründet. Mit einer minderheitenfeindlichen und aggressiv-nationalistischen Kampagne schaffte die Gruppierung auf Anhieb acht Prozent der Wählerstimmen und den Sprung in die Nationalversammlung. Mittlerweile verfügt Ataka in jeder größeren Stadt Bulgariens über ein Parteibüro.

Die Ultranationalisten fordern eine protektionistische Wirtschaftspolitik und restriktive Law-and-Order-Maßnahmen gegen Minderheiten und Oppositionelle. Zum militanten Bulgarentum der Gruppierung gehört auch ihr vitales Interesse, den Einfluss der orthodoxen Kirche in der Gesellschaft zu vergrößern. Ataka tritt zudem für den Austritt Bulgariens aus der NATO ein. Besonders offen wettert Ataka gegen die Roma-Minderheit: "Zigeunerbanden" würden durch die Stadtviertel ziehen, um zu stehlen und Bulgaren zu "malträtieren". "Für alle Parasiten kann man einen geeigneten Platz und Arbeit finden", tönte Siderov auf einer Kundgebung.

Solche Töne wird Stojanov im Europaparlament kaum anschlagen. Ataka verspricht, in Brüssel Bulgariens nationale Interessen zu vertreten und sich gegen einen EU-Beitritt der Türkei einzusetzen. Wenn sie könnte, würde die Partei auch die eben abgeschalteten Reaktoren des Atomkraftwerks Kozlodui wieder in Betrieb nehmen.

Politik als Familienbetrieb

Dimitar Stojanov könnte bald personelle Verstärkung in Brüssel bekommen: Bulgarien wird im Mai 2007 erstmals an Wahlen zum Europäischen Paralment teilnehmen, Experten halten dabei einen Zuwachs für Ataka aufgrund der hohen Mobilisierbarkeit ihrer Anhänger für gut möglich. Stojanov wird die Europa-Liste der Ultranationalisten anführen. Nummer zwei soll laut Medienberichten Denica Gadzheva sein. Wie es der Zufall so will, ist sie Stojanovs Freundin.

Die Autorin ist Nahost-Korrespondentin.

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