JAHR DER "EVALUIERUNG"

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"Evaluierung der Luftraumüberwachung", "Weiterentwicklung der Staatsschutzbehörden nach Evaluierung","Evaluierung der Eisenbahnkreuzungsverordnung". Gezählte 106 Mal steht der so vielfältig einsetzbare wie wenig Konkretes beschreibende Begriff des Evaluierens auf den 182 Seiten des neuen Regierungsprogramms - ein für Koalitionspapiere wohl rekordverdächtiger Schnitt von 0,6 Mal pro Seite. Aber was sollen Bürgerinnen und Bürger daraus eigentlich schließen? Dass die Regierung sich in vielen Punkten auf wenig Konkretes geeinigt, man heikle Themen auf die lange Bank geschoben, wichtige Kapitel bewusst schwammig formuliert hat, um sich viele Optionen offen zu halten, sagen zahlreiche Kritiker.

Geht es nach dem ehemaligen Kanzleramtsminister Thomas Drozda, heißt das bei Türkis-Blau so beliebte Fremdwort aber noch etwas anderes, wie er am Beispiel Kulturpolitik - selbstredend in seiner neuen Rolle als Politiker der nun größten Oppositionspartei - ausführt: "Das ist der camouflierende Begriff für hohe Beraterkosten und Kürzungen." Auch die angekündigte "Neuaufstellung" der Bundestheaterholding liest er dieser Logik entsprechend skeptisch: Das sei nämlich meist "der camouflierende Begriff für die Auflösung."

Inhaltlich ist das Regierungspapier das konservative Programm einer konservativen Koalition. Was aber wird passieren, wenn die Türkisen und Blauen die Erwartungen, die sie im Wahlkampf auch bei Wählergruppen weit über das konservative Kernmilieu hinaus geschürt haben, nicht einlösen können?(Und die Frage, ob viele Neo-Wähler tatsächlich Profiteure der Regierungs-Agenda sein werden, lässt sich anhand deren Programmatik in vielen Bereichen mit nein beantworten.) Dann steht auch der neuen Regierung wohl spätestens im Zuge der nächsten Nationalratswahl eine "Evaluierung" oder "Neuaufstellung" bevor -womöglich gar nach Lesart Drozdas.

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