Lieber Ex-Kommunistin als Zensur-Chef

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Da ist sie wieder: die jüdische Lobby – ägyptische Intellektuelle nennen sie als Grund für die Niederlage ihres Kulturministers Faruk Hosni bei der Wahl des Unesco-Vorsitzenden. Mohammed Salmawi, Präsident des ägyptischen Schriftstellerverbands, klagte, erstmals sei die Wahl des Unesco-Vorsitzes „politisch“ verlaufen. Und Gaber Asfur, Chef des Übersetzungsdienstes im ägyptischen Kulturministerium, meinte, Europa habe sich gegen die arabische Welt aufgelehnt.

Es stimmt, ohne die u. a. von Bernard-Henri Lévy und Elie Wiesel angestoßene Protestkampagne gegen Hosni wäre dieser problemlos gewählt worden. Andererseits gab es auch jüdische Persönlichkeiten – wie den Nazi-Jäger Serge Klarsfeld –, die für Hosni votierten. Letztlich war deswegen nicht Hosnis Aufruf zur Verbrennung jüdischer Bücher, von dem er sich später distanzierte, für seine Niederlage entscheidend. Vielmehr machte ihn seine 22-jährige Karriere als Kulturminister in Ägypten, in der er gleichzeitig als Chef der staatlichen Zensur fungierte, für die Leitung der UNO-Organisation für Kultur und Bildung untragbar. Insofern sind die Stimmen gegen Hosni nicht als Auflehnung gegen die arabische Welt, sondern als Nein zum Handlanger einer Diktatur zu interpretieren.

Noch dazu, wo die neue UNESCO-Chefin Irina Bokova ja ebenfalls nicht mit politisch blütenweißer Weste in ihre Kandidatur gegangen ist. Die Tochter eines hochrangigen bulgarischen KP-Funktionärs und langjährige Diplomatin des bulgarischen Regimes vor 1989 repräsentiert aber den Wandel, den ihr Land nach der Wende gemacht hat. Bokova gilt als integre Persönlichkeit, die beim Übergang Bulgariens vom Kommunismus in die EU eine wichtige Rolle spielte. Das prädestiniert sie für ihr neues Amt, denn die Unesco steckt in der Krise. Ihr Programm hat die erste Frau in diesem Amt in einem Satz zusammengefasst: „Die Unesco, das ist Toleranz!“ (wm)

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