Vorschläge zur Neuordnung Österreichs

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Gemeinden zusammenlegen, Bezirke aufkündigen, den Bundesrat zusperren oder gleich die Landesregierungen auflösen: Aus unterschiedlichen politischen Richtungen werden Vorschläge laut, die Kosten sparen, Strukturen modernisieren und der Demokratie zu einem neuen Aufschwung verhelfen sollen. Drei aktuelle Reformmodelle, die dem Föderalismus an die Substanz gehen.

Ländergrenzen aufheben

Kleinregionen statt Bundesländer

Der Föderalismus mit seinen vollkommen veralteten Strukturen und Demokratiedefiziten ist die Wurzel der Reformunfähigkeit in Österreich“, ist Volker Plass, der Bundessprecher der Grünen Wirtschaft, überzeugt. Er tritt daher für eine radikale Reform ein: Landtage, Landesregierungen, Landeshauptleute und die gesamte Landesgesetzgebung sollen ersatzlos abgeschafft werden. Die Bundesländer sollen ihre Legislativkraft und die Rolle als Verwaltungseinheit verlieren. An ihre Stelle treten Kleinregionen, innerhalb derer die Subsidiarität auf lokaler Ebene aufgewertet wird. Schulen, Krankenhäuser und Gemeinden sollen im Rahmen von Bundesgesetzen eigenverantwortlich und bürgernah agieren. Die unmittelbare Kostenreduktion sei dabei nicht so gravierend: "Auch die einheitlichen Bundesgesetze müssen von jemandem vollzogen werden“, sagt Plass: "Wesentlich sind aber die Folgekosten des Föderalismus: Ein einheitliches Gesundheitssystem mit einem bundesweiten Spitalsrahmenplan spart Kosten in Milliardenhöhe.“

Für die Grüne Wirtschaft geht die Abschaffung der Länder mit einer umfassenden Wahlrechtsreform einher: Anstelle des Bundesrats tritt ein Regionalrat. Der soll, wie der Nationalrat, aus 183 Abgeordneten bestehen, die allerdings nicht über Bundeslisten, sondern in Regionalwahlkreisen mittels Persönlichkeitswahl ermittelt werden. Die Regionalratsabgeordneten sollen einerseits als Kontrolleure des Nationalrats fungieren, andererseits die Interessen ihrer Region artikulieren. Außerdem soll die direkte Demokratie einen höheren Stellenwert bekommen, indem etwa Volksabstimmungsergebnisse unter gewissen Umständen bindend sind. Noch im Februar wird die Grüne Wirtschaft ihre Reformideen dem Bundesvorstand der Partei präsentieren. (dol)

Länderkammer auflösen

Europakammer statt Landtag und Bundesrat

Ira Shanker vom Liberalen Forum (LIF) preschte vergangene Woche mit einer umwälzenden Forderung vor: Die Landtage sollen mit dem jeweils nächsten Wahltermin abgeschafft, der Bundesrat geschlossen werden. Das würde bis zu 300 Millionen Euro sparen und den Nationalrat politisch stärken. Der soll nämlich in Zukunft ausschließlich für die Gesetzgebung zuständig sein. Über Regionalbeiräte sollen Institutionen der Zivilgesellschaft mit regionalem Gestaltungsinteresse in den politischen Diskus eingebunden werden.

Der Vorschlag ging sogar der eigenen Partei etwas zu weit. Bundessprecherin Angelika Mlinar

beschwichtige im FURCHE-Gespräch: "Wir sind nicht für die Abschaffung der Bundesländer. Aber eine Diskussion darüber, was sinnvollerweise auf Länder- und was auf Bundesebene umgesetzt werden soll, ist überfällig.“ Schließlich sei die Verfassung vor 90 Jahren und unter ganz anderen Voraussetzungen geschrieben worden. Der Bundesrat ist nach LIF-Ansicht keine Länderkammer und gehört tatsächlich abgeschafft. An seiner Stelle könnte sich Milnar aber die Schaffung einer "Europakammer“ als zweite Kammer des Parlaments vorstellen. "Es braucht in Österreich ein Organ, das sich mit den Dingen auseinandersetzt, die auf europäischer Ebene beschlossen werden. Der Nationalrat ist damit nämlich überfordert“, sagt Mlinar. Dem LIF gehe es bei einer Föderalismusreform weniger um das Sparpotenzial als um die Schaffung von zeitgemäßen demokratischen Strukturen in Österreich. Beim LIF-Bundesparteitag Anfang März soll das Thema Föderalismus einen Schwerpunkt bilden. (dol)

Bezirke abschaffen

Regionalverwaltung statt Bezirkshauptmannschaft

Sparpotenzial in Milliardenhöhe ortet das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) bei Verschlankung von Verwaltungsstrukturen. Der orange Reformplan: Gemeinden sollen zusammengelegt und die Bezirksverwaltungen abgeschafft werden.

"Wenn wir die Ebene der Bezirke streichen und ihre Kompetenzen in Regionalverwaltungen mit den Ländern zusammenlegen, schaffen wir die massiven Doppelgleisigkeiten ab, die es derzeit gibt“, ist BZÖ-Chef Josef Bucher überzeugt. Eine Viertel Milliarde Euro soll dadurch jedes Jahr gespart werden. Eine Abschaffung der Bundesländer kommt für das BZÖ nicht in Frage, durch die Regionalverwaltungen sollen die Länder sogar aufgewertet werden.

Umfassende Reformpläne hat Bucher auch für Gemeinden: Alle Kommunen, die weniger als 5000 Einwohner haben, sollen zusammengelegt werden. "Das ist wirtschaftlich die ideale Größe für Gemeinden. In Gemeindefusionen liegt ein Sparpotenzial in Milliardenhöhe, und es bringt Verbesserungen für die Bürger“, sagt Bucher. Größere Gemeinden könnten das eingesparte Geld nämlich für attraktive Infrastrukturmaßnahmen, wie ein Schwimmbad, verwenden.

In Großgemeinden könnten zudem die Serviceleistungen der abgeschafften Bezirkshauptmannschaft, wie zum Beispiel die Reisepass-Ausstellung, vor Ort leichter übernommen werden. Vor den Fusionen will das BZÖ aber in jeden Fall den Rechnungshof konsultieren, der prüft, wo eine Zusammenlegung tatsächlich Sinn macht. Und auch von der Bevölkerung will sich Bucher vor Zusammenlegungen den Sanktus holen: Fusioniert werden soll nur nach positiven Volksbefragungen. "Wenn man die Vorteile für die Bürger auf den Tisch legt,“, ist Bucher überzeugt, "wird es auch Mehrheiten dafür geben.“ (dol)

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