Arzt, Vater, Menschenfreund

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Ein Grenzgänger zwischen Zeiten, Regionen und sozialen Schichten: Am 23. März spricht Papst Johannes Paul II.den "fürstlichen" Armenarzt Ladislaus Batthyány-Strattmann selig.

Wenn die junge Diözese Eisenstadt in der Person von Ladislaus Batthyány-Strattmann ihren ersten Seligen erhält, so ist dies sicher ein überaus bedeutendes Ereignis und eine große Gnade für unser gesamtes Bistum, denn mit dem Laien, Arzt und Familienvater erhalten die Gläubigen ein anschauliches Vorbild, wie jeder und jede Einzelne die christliche Berufung im alltäglichen Leben und im Beruf verwirklichen kann", freut sich der Eisenstädter Bischof Paul Iby.

Zeit des Agnostikers

Der "Arzt der Armen" wurde am 28. Oktober 1870 in Dunakiliti im Komitat Moson/Wieselburg, in Ungarn als sechstes von insgesamt zehn Kindern geboren. Ladislaus Batthyány-Strattmann lebte und wirkte aber zeitlebens auch im heutigen Burgenland.

Dabei war der Lebenswandel des aus altem Adelsgeschlecht stammenden Seligen anfangs kein heiligmäßiger: "Laci" war ein aufbrausendes, jähzorniges Kind. Nach der Trennung seiner Eltern kam er ins Jesuitenkolleg nach Kalksburg, wo er hinausflog, weil er Tinte ins Weihwasser gegossen hatte; aus dem Gymnasium in Kolacsa wurde er kurz vor seiner Matura verwiesen, weil er einen deutschen Professor "Saupreuße" genannt hatte. Nach der Matura in Ungvár begann Batthyány-Strattmann in Wien Landwirtschaft und Chemie, Philosophie und Astronomie zu studieren, nach dem Tod des Vaters sattelte er auf Medizin um. In dieser seiner Sturm-und Drang-Zeit zeugte er ein - uneheliches - Kind, für das er aber zeitlebens sorgte.

"Zu dieser Zeit war er ein Agnostiker", sagt Pater Anton Bruck, Franziskanerprovinzial und Pfarrer von Güssing, über den angehenden Mediziner. Es war die Zeit des ungarischen Nationalismus und Liberalismus, der antiklerikal, ja vielfach kirchenfeindlich war und dem die so genannte Intelligenz und das aufgeklärte Bürgertum sowie viele Adelige anhingen. Darüber hinaus war es damals schwer möglich, als Naturwissenschaftler und Arzt religiös zu sein.

Den großen Wandel im Leben des zukünftigen Seligen bewirkte eine Frau: Ladislaus Batthyány-Strattmann heiratete 1898 - zwei Jahre vor der Promotion - die Südtirolerin Gräfin Maria Theresia Coreth.

Honorarfreie Behandlung

1901 errichtete Batthyány-Strattmann aus eigenen Mitteln in der Nähe seines Schlosses im nordburgenländischen Kittsee ein Krankenhaus, das später vom Land Burgenland übernommen wurde. Von armen Patienten nahm er kein Honorar, bezahlte darüber hinaus häufig die Medikamente selbst und kam für ihre Reisekosten auf. Auch machte er keinen Unterschied zwischen Katholiken, Protestanten und Juden. Seine Frau wurde ihm zur unentbehrlichen Assistentin.

Während des Ersten Weltkrieges und danach versorgte er in Kittsee viele Verwundete. Von weit her kamen die Patienten. Ein Sonder-Krankenbus aus Preßburg brachte mehrmals wöchentlich kranke Deutsche, Ungarn, Slowaken und Kroaten nach Kittsee. Ihretwegen lernte "der Fürsten-Doktor" Batthyány-Strattmann (der neben Deutsch und Ungarisch auch Englisch und Französisch sprach) Kroatisch und Slowakisch. "Wer als Kranker mich aufsucht, ist auch schon ein Freund, ohne ihn gesehen zu haben", schrieb er in sein Tagebuch.

13 Kinder (vier Söhne wurden später selbst Ärzte) schenkte "Misl" Batthyány-Strattmann ihrem Mann. "Eine so innige Familienbeziehung, eine so liebevolle Atmosphäre und vergnügte Heiterkeit habe ich nirgends und auch nur annähernd so herzlich erlebt", erinnerte sich einer der Erzieher. Aus dem jähzornigen Kind und unsteten Studenten war ein zufriedener, gewissenhafter, geselliger und ausgeglichener Mensch mit starkem Willen, klarer Zielvorstellung und guter Tageseinteilung geworden. "Meine Kinder und meine Kranken, das sind meine Schätze", soll Ladislaus Batthyány-Strattmann immer wieder gesagt haben. Seine Frau war ihm eine treue Begleiterin und assistierte im Spital. "Eigentlich gab es die Hoffnung, dass die beiden als Ehepaar selig gesprochen werden. Das wäre adäquat und ein wunderbares Zeichen gewesen", sagt Pater Anton Bruck.

Als das Burgenland zu Österreich kam, übersiedelte die Familie ins Stammschloss nach Körmend in Ungarn. Dort eröffnete der Fürst und Gutsherr ein weiteres Krankenhaus. Zwei Drittel der Einkünfte seines ansehnlichen Vermögens kamen "seine Kranken" zugute.

Ladislaus Batthyány-Strattmann führte etwa 20.000 Operationen durch, davon fast die Hälfte an Augen. Der sogenannte "Arzt der Armen" nahm von mittellosen Patienten nicht nur kein Geld - er bezahlte ihnen sogar oft ein Schmerzensgeld. So soll einmal die Tochter eines Viehhirten aus Kittsee mit Zahnschmerzen zu ihm gekommen sein, er fand aber nichts an ihren Zähnen. "Wer schickt dich zu mir und warum?" "Die Mutter. Wir haben kein Geld zum Brotkaufen; ich soll mir vom Herrn Fürsten einen Zahn ziehen lassen, damit ich einen Gulden kriege." Sie bekam 10 Gulden "Schmerzensgeld".

Öffne deine Augen und sieh!

Batthyány-Strattmann schenkte jedem Patienten ein von ihm verfasstes Heft mit Anleitungen für ein weiteres religiöses Leben: "Nyisd fel szemeidet és láss!" (Öffne deine Augen und sieh!). In jedem Patienten sah er Gottes Ebenbild.

Einmal schrieb er in sein Tagebuch: "Abwechslungsreich ist das Leben eines Arztes, aber auch inhaltsschwer. Trägt man doch die Leiden der anderen außer den eigenen mit... Vor ein paar Tagen Operation eines Zungenkrebses, gestern freudige Entbindung eines Kindes, heute Stare operiert. Von all diesen Freuden weiß ein moderner Mensch im Klubsessel bei Sherry nichts. Und doch tausche ich mit niemandem; und tausendmal geboren, sage ich tausendmal meinem Gott: Herr, lasse mich wieder Arzt werden; lasse mich für deine Ehre arbeiten!"

Der "Diener Gottes" Ladislaus Batthyány-Strattmann führte ein intensives Gebetsleben. "Gebet und wieder Gebet wäre unsere Rettung", schrieb er ein andermal in sein Tagebuch. Und "Ich habe sie operiert - Gott hat sie geheilt", soll er auch gern auf den Dank seiner Patienten geantwortet haben.

Sein Glaube und tiefes Gottvertrauen half ihm auch nach dem Tod von zwei Kindern im Babyalter und nach dem Tod seines ältesten Sohnes Ödön mit 21 Jahren sowie während der 14 Monate seines eigenen schmerzreichen Leidens - er litt an Blasenkrebs - in einem Wiener Sanatorium. Am 22. Jänner 1931 starb Ladislaus Batthyány-Strattmann. Tausende nahmen von ihm Abschied, als er in Körmend aufgebahrt war. Am Tag des Begräbnisses im südburgenländischen Güssing, in der Familiengruft der Batthyánys unter dem Franziskanerkloster, war der Wiener Kardinal Piffl krank, aber ließ es sich nicht nehmen, den Toten selbst einzusegnen, denn "einen Heiligen segnet man nur einmal im Leben ein".

Seliger der Osterweiterung

Der Seligsprechungsprozess wurde bereits 1944 eingeleitet. Doch die Unterlagen gingen in den Nachkriegswirren verloren; erst in den siebziger Jahren nahm der damalige Bischof von Eisenstadt, Stefan László, den Fall wieder auf.

Letzten Juli bestätigte die Heiligsprechungskongregation die Heilung eines krebskranken Ungarn als das für eine Seligsprechung erforderliche Wunder. Und am kommenden 23. März wird Ladislaus Batthyány-Strattmann in Rom vom Papst selig gesprochen.

Der erste Selige des Burgenlandes ist ein österreichisch-ungarischer Grenzgänger, einer, der diese geografische Grenze überwindet und der zu einem "Seligen der EU-Osterweiterung" werden könnte. Bischof Paul Iby: "War das Leben Batthyánys geprägt vom Zerfall der Donaumonarchie, so fällt seine Seligsprechung nun in die Zeit des Zusammenwachsens der beiden "Lungenflügel Europas". In der Person des Seligen wird jene Brückenfunktion, die unsere Diözese immer hatte, beispielhaft deutlich."

TV-TIPP:

Der ORF überträgt die Seligsprechung von Ladislaus Batthány-Strattmann live.

Sonntag, 23. März, 9.30, ORF 2

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