Auch Urlauber sind auf Sinnsuche

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In frequentierten Urlaubsregionen gibt es zunehmend besondere Angebote für Touristen. Das gilt auch für die kanarische Insel Teneriffa, wo der Diakon Bertram Bolz die Katholische Gemeinde Deutscher Sprache leitet.

Was nahe liegt, haben auch Untersuchungen bestätigt - Katholiken gehen im Urlaub häufiger in die Kirche als zu Hause in ihren Heimatgemeinden. Das Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, das unter dem Motto "Heimat im Glauben - weltweit" in über 60 Staaten ein Netz von mehr als 160 deutschsprachigen Gemeinden und Seelsorgestellen aufgebaut hat, richtet deshalb einen besonderen Augenmerk auf die Betreuung der Urlauber in einer Zeit, in der es immer mehr Deutsche, Österreicher und Schweizer ins Ausland zieht.

In Metropolen des Tourismus wie Mallorca, Teneriffa oder Benidorm wirken ganzjährig deutsche Seelsorger, in anderen Orten sind sie nur während der Ferienzeit da. Der Katholik, der eine Eucharistie mitfeiern will, findet zwar eine Kirche in aller Welt vertreten, in Peking und in St. Petersburg, in Kuba und in Kairo. Was die Ortskirche ihm jedoch meist nicht geben kann, ist die Seelsorge in seiner Muttersprache. Die deutsche Kirche will die Probleme der mobilen Gesellschaft und der verbreiteten Rastlosigkeit des Menschen ernst nehmen und ihm mit der Urlauberseelsorge ein Stück Wegbegleitung mitgeben.

Wie notwendig und hilfreich die Urlauberseelsorge sein kann, hat uns die unvermutete Begegnung und das Gespräch mit einem Seelsorger auf Teneriffa gezeigt; denn im Touristenzentrum von Puerto Cruz ist die Präsenz der deutschsprachigen Gemeinde nicht zu übersehen. Ihre Kapelle San Telmo liegt direkt an der ,,Playa", der Uferpromenade, auf der der Strom der Urlauber nicht abreißt. Die malerische, dem Schutzpatron der Fischer geweihte Kapelle, die auf das 17. Jahrhundert zurückgeht, wurde 1967 in Absprache mit dem Ortsbischof der deutschen Seelsorge zugewiesen und anschließend gründlich saniert.

Eine Gedenktafel erinnert an die Opfer der Flutkatastrophe von 1826, von denen einige nach kanarischem Brauch unter dem Kapellenboden beigesetzt sind. Im Innenraum wurden die Altar- und Deckenmalereien sachgemäß renoviert; neu sind die Deckenleuchten, der Altar und ein Kruzifix in Metalltechnik, die zusammen mit einigen älteren Heiligenfiguren einen sakralen Raum bilden, der zur Andacht einlädt.

Der Seelsorger Bertram Bolz, der die Gemeinde betreut, stammt aus der schwäbischen Bischofsstadt Rottenburg, die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts ein Verwaltungszentrum Vorderösterreichs war. Vor zweieinhalb Jahren ist der engagierte Diakon mit seiner Frau und den beiden Söhnen auf die Ferieninsel übersiedelt: Viermal in der Woche betreut er den Gottesdienst, wenn ein Gastpriester zur Verfügung steht, leitet dieser eine Eucharistiefeier.

Gebet und Gespräch

Zweimal ist die Kapelle in den Mittagsstunden zum Gebet und Gespräch mit dem Diakon offen, ein Angebot auch an die, die an der Kapelle vorbeischlendern und an die, die der Kirche fern stehen. Das nützen wir aus, um von ihm mehr zu hören über seine Erfahrungen mit Menschen, die in den Ferien ,,das ganz Andere", den Kontrast zum Stress des Alltags, erfahren wollen.

11.000 Deutsche sind auf Teneriffa als Residenten gemeldet, etwa weitere Zehntausend überwintern auf der Insel, dazu kommen die zahllosen Touristen, die die Urlauberjets täglich einfliegen. Damit für die Feier des Gottesdienstes als Eucharistie möglichst oft ein Geistlicher zur Verfügung steht, hat Bolz ganz in der Nähe von San Telmo ein Gemeindeappartement, das auch Laienmitarbeitern zur Verfügung steht.

Bertram Bolz erzählt von den Menschen, die sich an ihn wenden, und von den Problemen, denen sie gegenüber stehen. Die paradiesische Natur täuscht nicht darüber hinweg, dass es auch hier Not und Elend gibt. Für viele ist es gar nicht so einfach, von der Hektik des beruflichen Alltags umzusteigen in die Ruhe und Erholung und dabei ein Stück Freiheit sinnvoll zu gestalten. Auch stößt der Diakon vor allem bei älteren Menschen immer wieder auf die Not der Einsamkeit und bedauert, dass die Reiseveranstalter zwar viel ,,Animation" anbieten, aber wenig Erfolg haben, menschliche Kontakte zu vermitteln.

Er erzählt, wie Urlaub auch Krisenzeit sein kann, wenn Ehe- oder Familienkonflikte durch das engere Beisammensein aufbrechen. So ist es nicht verwunderlich, dass Menschen im Urlaub sich auch die Sinnfragen des Lebens stellen und den Weg in die Kapelle finden. Bertram Bolz versucht in seinen Predigten lebensnahe Antworten zu geben und alle 14 Tage im deutschen ,,Wochenspiegel" unter dem Motto ,,Gedanken für mich- Augenblicke vor Gott" zu formulieren. Das Gemeindehaus St. Michael, eine großzügige alte Finca auf einem Hügel über der Stadt, ist für den Diakon ein idealer Platz, um in der Bibliothek bei Kaffee und Kuchen oder mit Bibelgesprächen Menschen zusammenzubringen und persönliche Gespräche mit Ratsuchenden zu führen. Daneben muss er sich um Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen kümmern, kranke, alte und manchmal auch junge Deutsche besuchen, die im Gefängnis gelandet sind.

Der "Zündfunken"

Wichtig und fruchtbar ist für Bertram Bolz die Zusammenarbeit mit der deutschprachigen evangelischen Gemeinde, die derzeit durch ein emeritiertes Pfarrerehepaar aus München geleitet wird. Im Inselsender ,,Happy Radio 98" ist Bolz durch den ,,Zündfunken" mit Hilfestellungen für den Lebensalltag und am Donnerstag mit Informationen präsent. Wer Näheres erfahren will, findet seine Beiträge im Internet unter: www.ctv.es/users/hausmichael

Bertam Bolz will keinen Therapeuten und keinen Sozialarbeiter ersetzen. Als Seelsorger steht für ihn die Arbeit im Weinberg des Herrn ganz im Zeichen der Frohbotschaft Christi. Wer die Gottesdienste in der Kapelle San Telmo besucht, spürt das.

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