Daumen für Außenseiter

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In der evangelischen Hamburger Hauptkirche St. Petri hängt dieser Tage ein "Fussballhimmel". Es sind 50 verschiedene Bälle, die von ebensovielen Künstlerinnen und Künstlern gestaltet wurden. Die meisten Bälle hängen von der Decke des Gotteshauses und stellen so etwas wie einen Himmel über den Häuptern der Gläubigen dar.

"Religion in ihrere rundesten Form", so der Titel dieser Installation, die bis zum Tag des Endspiels am kommenden Sonntag in der Kirche erlebbar sein wird. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, die anlässlich der derzeit laufenden WM den Zusammenhang von Fussball und Religion aufzeigen wollen. Es sind nicht nur die geschichtlichen Wurzeln des Ballspiels, die an einen solchen Zusammenhang denken lassen. Er wird auch sichtbar, wenn die Spieler einer Mannschaft sich im Kreis zum Gebet aufstellen, sich nach dem Torschuss bekreuzigen, wenn die Fans ihre Gesänge wie Choräle singen und ihre Begeisterung wie auch ihre Enttäuschung in durchinszenierten Liturgien zelebrieren.

Unbestreitbar gibt es einen inneren Zusammenhang zwischen der Religion und dem Spiel. Das Spiel gilt als sinnvoll, aber nicht als notwendig. Es unterscheidet sich von jeder bloß auf Effekt und Gewinn ausgerichteten Tätigkeit. Jürgen Moltmann spricht deshalb vom Spiel als einem Weltsymbol für Gottes Schöpfung. Die finale Erlösung erlangt dieses Spiel Gottes allerdings weder durch Torschüsse oder Elfmeterschießen, bei dem es notwendigerweise Sieger und Verlierer geben muss. Das Spiel Gottes folgt einer anderen Logik, in diesem Spiel heißt es am Ende: der Verlierer hat gewonnen. Ob das der Grund ist, warum ich immer wieder Daumen für die Außenseiter drücke und mehr Mitgefühl mit den Verlierenden habe als Triumph mit den Siegern zu empfinden?

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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