Während die Wogen rund um die so genannten Mohammed-Karikaturen hochgingen, hatte ich Bibelarbeiten zum Buch des Propheten Jona vorzubereiten. Es ist unübersehbar, dass dieses kleine Buch aus dem 4. vorchristlichen Jahrhundert eine ganze Reihe von humorvollen Zügen aufweist. In der Geschichte vom Propheten, der vor Gottes Auftrag flieht und letztlich gegen seinen Willen doch alles erfüllen muss, dem er ausweichen möchte, steht die Ironie neben der Satire, die Groteske neben dem derben Witz. Manche Ausleger warnen sogar davor, dieses Buch zu lesen, wenn jemandem das Geheimnis des Lachens nicht geschenkt sein sollte.
Besonders im Kommentar von Hans Walter Wolff, einem Standardwerk evangelischer Bibelgelehrsamkeit, wird diese Eigenschaft der Prophetennovelle unterstrichen. Dabei findet sich nicht nur die Behauptung, dass Jonas Fehlverhalten mit "beißendem Spott" aufgedeckt würde, sondern auch die, der Novellist hätte Jona als lächerliche Figur, ja als Karikatur gestaltet. Das würde bedeuten, dass sich in den heiligen Schriften von Judentum und Christentum eine literarische Prophetenkarikatur befindet, und man kann berechtigterweise fragen, wie dieses Buch in den Kanon gekommen sein mag.
Ich denke, damit ist eine wichtige Facette der vielschichtigen Auseinandersetzung rund um die Meinungsfreiheit und den Respekt vor religiösen Gefühlen angesprochen. In der Bibel selbst gibt es offenkundig eine Tradition des Humors und der Selbstironie, für die als Beispiel der Prophet Jona steht. Dieser Humor ist nicht Ausdruck von Glaubenslosigkeit. Er hat mit der Verspottung und Herabwürdigung anderer Religionen nichts zu tun. Der Humor im Buch Jona dient im Gegenteil dazu, das Handeln Gottes zu betonen und zu loben.
Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.