Der streitbare Flame

Werbung
Werbung
Werbung

Im Oktober 1964, auf dem II. Vatikanischen Konzil, durchbrach der niederländische Kardinal Bernard Alfrink in seiner Intervention die bis dahin sakrosankte kirchliche Ehelehre, nach der die Zeugung und Erziehung der Kinder das erste Ziel der christlichen Ehe war. Damit setzte eine ganz neue Bewertung von Partnerschaft und Lebensgemeinschaft als Eheziel ein. Die Rede des Kardinals hatte sein theologischer Berater, der flämische Dominikaner Edward Schillebeeckx, verfaßt. 35 Jahre sind seit jenem Dammbruch vergangen, der Konzilstheologe Schillebeeckx feiert am 12. November den 85. Geburtstag.

Mit 20 Jahren trat Schillebeeckx in den Dominikanerorden ein. Vor allem bei seinen Studien in der französischen Ordenshochschule Le Saulchoir bei Paris kam er mit der "Nouvelle theologie", deren Protagonisten Yves Congar und Marie-Dominique Chenu ebenfalls Dominikaner waren, in Berührung. Diese Theologie entwickelte Schillebeeckx an der Universität Leuwen in Belgien und ab 1959 als Professor für Dogmatik im niederländischen Nijmegen zur "holländischen theologischen Revolution" weiter.

Schillebeeckx' Biographie wurde damit auch ein Abbild der kirchlichen Konflikte und Entwicklungen in den Niederlanden. Gemeinsam mit dem Ende September verstorbenen Piet Schoonenberg (Furche 40/99) gilt Schillebeeckx als Vater des "Holländischen Katechismus" (1966), der auch hierzulande rezpiert wurde, in dem Rom sieben große und weitere kleine Häresien ortete.

Die Glaubenskongregation bedachte Schillebeeckx mehrmals mit einem Verfahren, vor allem seine Überlegungen zur Gegenwart Christi in der Eucharistie und seine christologischen Bücher "Jesus. Die Geschichte von einem Lebenden" (1974) und "Christus und die Christen" (1977) wurden beanstandet. Diese Konflikte machten dem streitbaren Theologen schwer zu schaffen.

1997 führte Schillebeeckx in einem Interview mit der "Presse" Grundzüge seiner Theologie aus und mahnte ein, daß Christen aus ihrem Jesusglauben heraus solidarisch und konkret handeln müssen: "Die Glaubensbehauptung, daß Jesus der universale Erlöser ist, schließt ein, daß Christen durch ihre Praxis die ,Früchte des Reiches Gottes' in unserer Geschichte tatsächlich hervorbringen."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung