Für das, was jetzt ist

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Nun bitte ich den heiligen Geist. Das habe ich aus dem Pfingstfest gelernt, aus dem Nun aller Schrecken zur Jetztzeit, da das Jetzt kein Jetzt mehr hat, ist es doch immer jäh entschwunden in der Zeitlawine, in irgendeiner Raserei der Dinge ohne Verhältnis, unansprechbar, seelenlos. Daher die Wut überall. Und über dem All, sehr wahrscheinlich. Das Sinnmetronom ist kaputt, so scheint es, zerschlagen liegt es für die Aufmerksamen auf dem sich unter uns öffnenden Boden der Gewissheiten. Auch wenn Siri Hustvedt um die "Illusion der Gewissheit" weiß, tröstet es kaum hinweg über die Schmerzkrater der Gegenwart. Alles ist ins Wanken geraten, jeder Wert. Beklommenheit bestimmt das Ich auf jedweder Seite des Systems.

Nun bitte ich den heiligen Geist: Dass ich ansprechbar bin, wenn das Geheimnis des Daseins zu mir redet vom unendlichen Wert des Seins und ich den Zusammenhang aller Wunder wieder ahne als das, was die Welt im Innersten zusammenhält und sie von Anfang bis zum Ende bewegt, bis alles heimkommt ins Herz der Welt.

Da dem Leben die Angstzunge vom Gaumen gelöst wird und es sich leben darf als wunderbare "einfühlende Bewegtheit"(Vernon Lee) und alles Leben wieder singen und sagen und sein kann im "Neuen Sein", das zu verwalten die einzig wahre Aufgabe aller Kirchen und Religionen gewesen sein wird. "Beklommen / such ich das Antlitz /eines jeden Dinges" sagt Rose Ausländer in ihre Zeit hinein, und sie findet, was die sucht -als wäre es ein Bild für das wahre Wesen jeder Religion: "in jedem ein Mysterium"! Die Zeit findet ihren Rhythmus wieder, die Geheimnisse aber reden zu ihr "in einer lebendigen Sprache". Das will ich auch haben; darum bitte ich ihn, den höchsten Tröster in aller Not, den freien, den unbändigen, den heiligen Geist -"um den rechten Glauben allermeist"!

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