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Glauben was man glaubt

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Das Wort sie sollen lassen stahn”, so lautete die Parole von Protestanten im 19. Jahrhundert, die nur eine wörtlich ausgelegte Bibel als Fundament ihres Glaubens gelten lassen wollten. Die Bewegung kam aus Amerika, wo sie auch den Namen Fundamentalisten bekam, nach dem Titel ihrer Schriftenreihe „The fundamentals”.

Heute bezeichnet man mit dem Wort Fundamentalismus theoretische Orientierungen und praktische Organisationsformen eines kulturellen und politischen Antimodernis-mus. Vor allem aber wird es für religiöse Bewegungen verwendet. Der islamische Fundamentalismus ist geradezu eine Schreckensvorstellung in der nichtislamischen Welt geworden.

Die Kritik an einer solchen Haltung ist berechtigt und notwendig, auch und gerade im Christentum. Der christliche Wahrheitsanspruch muß sich in der öffentlichen und offenen Auseinandersetzung mit dem heutigen Stand der Wissenschaft und des allgemeinen Bewußtseins behaupten.

Es ist aber nun auch unter Christen üblich geworden, jemand als Fundamentalisten zu denunzieren, der eine Glaubensüberzeugung festhält und sie nicht zur Disposition eines allgemeinen Belativismus stellen will.

Der schlimmste Vorwurf, den man heute dem Vertreter einer Beli-gion machen kann, ist der, er erhebe einen Anspruch auf Wahrheit. Der amerikanische Philosoph Allan Bloom schreibt in seinem Buch „The closing of the american mind”, daß eine einzige Überzeugung allen jungen Amerikanern, die auf die Universität kommen, gemeinsam sei, nämlich die, daß es keine Wahrheit gebe.

„Hier steh ich nun und kann nicht anders”, hat Martin Luther vor dem Beichstag von Worms gesagt. War er deshalb ein Fundamentalist? Ist jeder, der „glaubt was er glaubt” (B. Low) ein Fundamentalist?

P.S.: Kürzlich habe ich an dieser Stelle über die Situation des österreichischen Fremdenverkehrs geschrieben. Nun bin ich in der Lage, zu diesem gleichermaßen unendlichen wie unsäglichen Thema einen weiteren aktuellen Beitrag zu liefern. Er betrifft das berühmte Preis-Leistungsverhältnis.

Im Kaffeehaus trinke ich mit Vorliebe ein Ieitungswasser mit Zitrone. Das kostet im Cafe S. hinter der Staatsoper nichts, wenn der Begleiter etwas konsumiert. Gleich um die Ecke im Cafe M. kostet es acht Schilling. Die Konditorei 0. am Neuen Markt verlangt 15 Schilling, im Cafe G. am Michaelerplatz muß man 21 Schilling hinblättern und im Cafe S. am Ring gar 28 Schilling. Dort ist der Ober zusätzlich noch unhöflich. Den Vogel schießt das Cafe P. am Ring mit 29 Schilling ab. Dort warnt einen der Ober wenigstens vorher, er müsse für das Wasser mit Zitrone den Preis eines Mineral-Zitron berechnen.

Da wird wohl niemand ernstlich behaupten, im österreichischen Gastgewerbe würden die Preise seriös kalkuliert.

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