Göttlichen Rückstoß bedenken

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"Gott" in die Verfassung? Die Anführungszeichen sind mir wichtig. Denn Gott ohne Anführungszeichen hat jedenfalls nicht Platz zwischen Befürwortern oder Gegnern einer Bezugnahme auf ihn in einer neu formulierten Verfassung. Sozusagen als Verhandlungsmaterie.

Der Gott, von dem in der Bibel die Rede ist, spricht in der 1. Person und für sich selbst. Und am Beginn der "Bundesverfassung" mit seinem ersten Bundesvolk stellt er auch klar: "Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus..." (Buch Deuteronomium 5, Vers 6). Er selbst hat zu handeln begonnen und wird weiter handeln. Er lässt sich nicht als Hausgottheit herum tragen oder als Bannerbildnis schwingen. Er fordert heraus und will heraus führen. Manchmal weg von Gewohntem, wie von den "Fleischtöpfen Ägyptens", weil er nicht nur Freiheit sagt, sondern tatsächlich meint. Er führt auch nicht in den nächstbesten Nutzen, sondern in den mühsam zu erlangenden, aber alles und alle umfassenden.

Eine aus der Perspektive der jüdisch-christlichen Bibel verstandene und konsequent gemeinte Nennung Gottes in einer Verfassung würde einer Selbstverpflichtung der Befürworter gleich kommen müssen, sich selbst und die Gesellschaft, in der sie leben, der ständigen Kritik durch die Botschaft des herausfordernden Gottes auszusetzen und sich den damit verbundenen gesellschaftlichen Diskussionen zu stellen. Die Situation unter ihrer Würde behandelter oder in ihrer Not im Stich gelassener Menschen etwa würde schonungslos aufdecken, welche Bedeutung die Nennung des Namens Gottes in der Verfassung tatsächlich hat. Der Vorstoß für eine solche Nennung hat beträchtliche Rückstoßwirkung.

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelso ger in Wien.

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