In Zeiten der großen Jammerei

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Auch wenn jetzt landauf und landab die große Jammerei über die Politik und die Politiker zu hören ist und die Politiker wiederum einander für alle Probleme verantwortlich machen werden: der Wähler/die Wählerin kann nicht einfach bequem in den Zuschauerrängen Platz nehmen und sich von dort aus das Spektakel "Wahlkampf" geben wie bei einer Fußballeuropameisterschaft. Zu vieles von dem, was an der Politik ärgert, spiegelt zu vieles von deren eigentlichem Auftraggeber, dem "Volk", wider.

Die Widersprüchlichkeiten, die Kurzsichtigkeit, die Realitätsverweigerung, die Engstirnigkeit und Eigensinnigkeit, die unseren gesellschaftlichen Alltag prägen, verwandeln sich durch Politik nicht wundersam zu Weitsicht, Problembewusstsein und Sinn für Gemeinwohl.

Und selbst wenn Lösungsvorschläge weitsichtig, problembewusst und gemeinwohlorientiert angelegt sein sollten: anerkannt werden sie dann höchstens mit der Florianiprinzip-Klausel.

Was, wenn Politiker in den nächsten Wochen nicht nur publikumswirksam einander an den Problemen schuld sein ließen, sondern auch so etwas wie einen ehrlichen Dialog mit "dem Wähler/der Wählerin", den "Menschen draußen" eröffneten: darüber, was - außer der Unfähigkeit der anderen Wahlwerber - an gesellschaftlich gängigen Illusionen, Denkmustern und Unbeweglichkeiten wirklichen Problemlösungen oder - zumindest ersten Lösungsschritten im Weg steht?

Klingt ziemlich absurd in Zeiten der Wähler/innen-Werbung und hat den Charme eines unangenehmen Arztgesprächs. Manches spricht dafür, dass es die Umworbenen gar nicht so genau wissen wollen.

So jammert es sich schließlich auch leichter.

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger in Wien.

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