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Die Furche: Warum haben Sie gerade das Stück von Hochhuth ausgewählt?

Costa-Gavras: Es gibt dort zwei außergewöhnliche Figuren: die Figur Kurt Gersteins, die dramatisch und metaphorisch ist, und die Hochhuth-Kreation des Riccardo, eine Mischung aus verschiedenen Priestern. Beide bekämpfen das NS-System von innen, der Papst hat zu den ihm berichteten NS-Verbrechen geschwiegen.

Die Furche: Hat die katholische Kirche ihre Vergangenheit bewältigt?

Costa-Gavras: Sie versucht es. Es kommt aber aufs Land an:In Frankreich hat die Kirche interessante Haltungen zu Entscheidungen des Papstes; Empfängnisverhütung oder Homosexualität werden nicht so sehr verdammt, wie vom Vatikan. In Lateinamerika wiederum ergreift die Kirche Partei für Diktatoren, und Priester, die sich dagegen wehren, werden erpresst. Weltweit gesehen ist die Haltung der Kirche also sehr unterschiedlich, was daran liegt, dass die Entscheidungen im Vatikan allesamt keine klaren, unmissverständlichen Worte beinhalten.

Die Furche: Wie beurteilen Sie die heutige politische Rolle der Kirche ?

Costa-Gavras: Die politischen Kräfte der Gesellschaft laufen Gefahr, korrupt zu werden. Es gibt aber noch andere Kräfte: Die Kirche, die Justiz, die Presse. Die Kirche sollte die ethische Rolle in der Gesellschaft spielen, die Justiz übt Gerechtigkeit und die Presse sorgt für Informationen und auch für Bildung. Spielt die Kirche ihre Rolle nicht gut, dann kann das ganze System kollabieren.

Die Furche: Glauben Sie an Gott?

Costa-Gavras: Als ich jung war, habe immer wieder versucht Gott für mich zu entdecken. Ich habe ihn aber nie getroffen. Was in der Heiligen Schrift steht, deckt sich nicht immer mit dem, was Gottes irdische Vertreter sagen. Wenn es einen Gott gibt, dann ist er sicher ganz anders als man ihn uns geschildert hat.

Die Furche: Im Film zeigen Sie das Sterben in den Gaskammern nicht.

Costa-Gavras: Man kann sich diese Bilder im Kopf vorstellen. Ich glaube nicht, dass solche Bilder im Kino adäquat umzusetzen sind.

Die Furche: Kritiker werfen Ihrem Film vor, zu harmlos zu sein.

Costa-Gavras: Filme sind immer harmloser als die Realität, weniger tragisch, als das echte Leben. Daher kann ein Film nur eine Debatte über ein Thema anzünden, es aber nie eins zu eins abbilden.

Das Gespräch führte Matthias Greuling.

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