Kirchliches Sorgenkind Slowakei

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Gesprächsbedarf von der Causa Bezák bis zu Malversationen an einer katholischen Universität: Vom 9. bis 14. November absolvieren die Bischöfe der Slowakei ihren Ad-Limina-Besuch in Rom.

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Gesprächsbedarf von der Causa Bezák bis zu Malversationen an einer katholischen Universität: Vom 9. bis 14. November absolvieren die Bischöfe der Slowakei ihren Ad-Limina-Besuch in Rom.

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Fällig gewesen wäre die Fahrt zu den "Türschwellen der Apostel", der Adlimina-Besuch in Rom, schon nach fünf Jahren. Aber just im Jahr 2012 explodierte das Pulverfass namens Róbert Bezák und erst heuer hat sich der Rauch etwas verzogen. Der neue Papst lud den von seinem Vorgänger ernannten, aber nach drei Jahren abgesetzten Erzbischof von Trnava zu sich, um sich persönlich ein Bild zu machen. Kurz zuvor hatte ihm schon Staatspräsident Andrej Kiska seine Sicht der Dinge dargelegt, ein Indiz dafür, dass es hier um mehr geht als um kirchliche Interna.

Danach trat allerdings wieder Funkstille ein, und wenn sich Papst Franziskus nicht entschließt, die anreisenden Bischöfe noch rasch vor vollendete Tatsachen zu stellen, wird die Causa Bezák ein unausweichliches Gesprächsthema bilden. Wie auch immer alles abläuft - die Aufgabe, vor der der Papst mit der Slowakischen Bischofskonferenz steht, gleicht jener mit der Bischofssynode: niemanden dogmatisch vor den Kopf zu stoßen, aber für neue pastorale Zugänge zu werben. Genau das war ja die Linie gewesen, die Erzbischof Bezák in der Slowakei verfolgt hatte und mit der er in der Bischofskonferenz Schiffbruch erlitten hat.

Die Synode als Schule

Jetzt hat deren Vorsitzender, der Pressburger Erzbischof Stanislav Zvolensky, in Rom Gelegenheit gehabt, Jorge Bergoglios Kirchenbild kennenzulernen. Zvolensky hat einige Zeit in Innsbruck studiert und nahm auf der Bischofssynode an der deutschsprachigen Bischofsgruppe teil, in der die Gegensätze zwischen den Fraktionen besonders deutlich zutage traten. Vom Moderator der Gruppe, Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, der gerade in den brenzligsten Fragen - wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle - durch pragmatische Ansätze für Aufsehen gesorgt hat und deswegen in der Slowakei auch von kirchenfernen Kommentatoren als progressiv angesehen wird, konnte der diözesane Nachbar gewiss einige Anregungen mit nach Hause nehmen.

Das gilt insbesondere für die Positionierung der Kirche in der Öffentlichkeit. Das Innovative sei, "dass sich die Kirche als Raum für den Dialog zeigt", stellt der Theologe und Kirchenanalytiker Miroslav Kocúr fest. Der Papst stelle Fragen, und "die Bischöfe, die nicht gewohnt waren, Antwort zu geben, müssen Stellung beziehen". Ein Problem sei, dass gerade die jungen Priester darauf getrimmt seien Probleme streng nach Vorschrift zu lösen. Aber es gebe auch in der Slowakei "Partisanen", die eigenständige Lösungen wagen, und sogar Kirchenrichter, die den Menschen entgegenkommen.

Hoffnungsgebende Ansätze sind auch in der Medienarbeit erkennbar. Der seit einem Jahr amtierende neue Sprecher der Bischofskonferenz, Martin Kramara, hat das journalistische Handwerk so wie sein Vorgänger Jozef Kovácik an der Opus-Dei-Universität Santa Croce in Rom erlernt, setzt aber deutlich andere Akzente. Hatte Kovácik der Roma-locuta-Ideologie - Rom hat gesprochen, und die Sache ist damit erledigt - gefrönt, so profiliert sich Kramara als Anhänger der Roma loquens: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.

Die Berichterstattung über die Bischofssynode übernahm das Pressezentrum der Slowakischen Bischofskonferenz großteils von der österreichischen Kathpress, sodass erstmals in diesem Umfang auch innerkirchlich über kontroversielle Themen berichtet wurde.

Ein bemerkenswerter Wandel war auch in der Präsentation der beiden kirchlichen Großereignisse der Slowakei in diesem Jahr festzustellen. Das erste - das Referendum über die Familie am 7. Februar - war geprägt von radikalen Forderungen in radikaler Sprache.

Anzeichen der Öffnung

In einem Stellungskrieg standen einander die Befürworter und Gegner einer Ausweitung des Ehe- und Familienbegriffs gegenüber. Im Showdown zog die katholisch-christliche "Allianz für die Familie" allerdings den Kürzeren: Nur 21 Prozent der Teilnahmeberechtigten statt der für eine Behandlung im Nationalrat erforderlichen 50 fanden den Weg zu den Urnen. Der Pro-Life-Marsch in Bratislava am 20. September hielt an den Forderungen fest, passte sich aber dem liberalen Klima der Hauptstadt an und trug eher den Charakter eines Familien-und Volksfestes.

Ein weiteres Thema, das die slowakischen Bischöfe im Vatikan besprechen werden, ist die katholische Universität in Ruzomberok. Das Flaggschiff der katholischen Intelligentsia schlingert seit Jahren in trüben Wassern. Veruntreuung von Geldern und billiger Erwerb von Titeln für ausländische Antragsteller lauten die wichtigsten Vorwürfe und es ist undurchschaubar, welches Spiel hier getrieben wird. Ob der kürzlich erfolgte Rücktritt des erst 67-jährigen Weihbischofs von Spisská Kapitula, Andrej Imrich, mit den Vorgängen an der Katholischen Universität zusammenhängt, wo er dem Verwaltungsrat präsidierte, ist ebenfalls rätselhaft.

Ein Jahr lang hat die Alma Mater jetzt Zeit, sich weiterhin den Titel einer Universität zu sichern; Unterrichtsminister Juraj Draxler attestierte ihr dieser Tage immerhin gut unterwegs zu sein. Der zurückgetretene Kommunikationswissenschaftler Tadeusz Zasepa, der als Rektor mit beachtlichen Visionen angetreten war, liegt derweil mit einem Kunstherzen darnieder und wartet auf ein Spenderherz.

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