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Es war ein Osterspaziergang. Auch wenn es sich um den Rückweg von der Beerdigung Martinas zum Friedhofsausgang handelte. Zwei Wochen vor Ostern. Ich hatte die Mutter, den Vater, die Schwester, den Schwager und den Neffen der einundfünzigjährigen, an Krebs gestorbenen Frau beim Begräbnis begleitet. Wir waren uns einig, dass Martina nach so viel Aufstehen-und Weitergehenmüssen in ihrem Leben jetzt noch einmal, aber für immer aufgestanden sein und weiterleben dürfte. Ganz anders und doch in der Richtung, in der sie schon bisher gelebt hatte.

Als sie mit fünfzehn auf dem Schulweg schuldlos von einem Auto niedergefahren wurde und ihr nach schweren Verletzungen und einem Schädel-Hirntrauma eine lebenslange Epilepsie blieb. Als sie sich nach diesem furchtbaren Ende ihrer Kindheit zur Erzieherin ausbilden ließ und immer mehr der Hilfe für zugewanderte Kinder bei der Eingliederung in die neue Heimat widmete. Als sie gegen den Umgang ihres Arbeitgebers mit ihren Kolleginnen aufstand und den Konflikt nicht scheute. Und als sie nach der niederschmetternden Krebsdiagnose mit Fassung, Zuversicht, ja Humor zu ihrem letzten Lebensabschnitt aufbrach.

Ein österliches Leben schon vor dem Tod. Mir war beim Besuch am Sterbebett nicht entgangen, wie stolz die kleine Familie auf sie war. Und das eigentlich Frühlingshafte des Begräbnisvormittags kam weniger vom herrlichen Wetter als von den Gesprächen der Familie über das Leben, zu dem Martina nun aufgestanden sein mag. Beim Abschied am Friedhofstor dankte mir die Familie für die Begleitung. Aber ich war dankbar für diesen vorgezogenen Osterfestbeginn.

Meine Predigten zu Ostern werden davon zehren.

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger in Wien.

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