Politik auf Tuchfühlung

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Erinnerungsschreiben und Mahnungen sind einem auch in einer Pfarrkanzlei nicht unbekannt. Irgendetwas hat man immer wieder fristgerecht anzumelden, rückzumelden, einzuschicken und natürlich auch zu bezahlen vergessen. Vor kurzem wurde ich wieder bei einem Versäumnis erwischt, und diesmal bei einem ernsteren. Die Katholische Aktion (ka) der Erzdiözese Wien hat aus Anlass der bevorstehenden Gemeinderatswahlen in Niederösterreich an die Pfarren den Folder "Maßstab Sozialwort: Christliches Engagement in der Gesellschaft" mit "Zehn Orientierungspunkten aus dem Sozialwort" (der christlichen Kirchen in Österreich) verschickt. Der Bogen wird gespannt von der "Förderung des sozialen Zusammenhaltes" über "Bildung und Weiterbildung" bis zu einer "Politik der Nachhaltigkeit".

Das Versäumnis, das mir der Folder bewusst gemacht hat: dass wir als Pfarre nicht schon von uns aus und rechtzeitig Impulse gesetzt haben zur kritischen Auseinandersetzung mit den Programmen der wahlwerbenden Parteien und zur Orientierungshilfe für die Wählerinnen und Wähler. Gemeinderatspolitik ist viel unmittelbarer mitbestimmbar, und mit den handelnden Personen lebt man in alltäglicher Tuchfühlung. Umgekehrt sind die Pfarrgemeinden wichtige Mitträger und Mitgestalter des gesellschaftlichen Zusammenlebens in den Ortschaften und interessante Plattformen dafür, aktuelle Fragen und Probleme über den Horizont der Parteienpolitik hinaus zu diskutieren. Damit ist aber auch schon ein wichtiges Stichwort gefallen. Auch und gerade auf der Ortsebene entkommt man dem parteienpolitischen Hickhack nur sehr schwer. Sich dem als Pfarre lieber nicht aussetzen zu wollen, ist verständlich, aber kein hinreichender Grund dafür, gar nichts zu tun. Wenigstens den Folder unter die Leute zu bringen, wird sich noch ausgehen.

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger.

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