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Von einem stürmischen Ereignis am helllichten Tag mitten in der Stadt erzählt die Gründungsgeschichte der Kirche, von einem Tag der offenen Tür und eines unglaublichen Einander-Verstehens. Inmitten mancher Flaute erinnern sich Christen dieser bewegenden Geschichte - jedenfalls zum Geburtstag ihrer Kirche, Pfingsten genannt. Dabei könnten sie bemerken, dass nicht nur am Anfang der Geschichte ihrer Kirche die Stadt Jerusalem steht und in der Folge viele große Städte wie Antiochien, Korinth, Athen und Rom, sondern auch am Ende Nicht so bei den Märchen, an deren Ende steht das Leben im Schloss. Die Hoffnung auf das ganz private Glück braucht eben Bilder und da leistet das Schloss unverändert beständig auch heute gute Dienste. Und angesichts einer Weltgeschichte, in der so viele Leute klein gehalten werden, scheint die Hoffnung auf das große Glück im Bild des Schlosses gut aufgehoben zu sein, auch wenn es in der harten Realität vielleicht nur die Gestalt eines Wochenendhauses annimmt.

Die Bibel sieht das anders. An ihrem Ende steht kein Schloss und kein privates Glück, kein Wochenendhaus, nichts wo man andere draußen lassen kann, sondern eine Stadt, nämlich "die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam" (Offb 21,10) und "ihre Tore werden den ganzen Tag nicht geschlossen" (Offb 21,25) - Pfingsten auf ewig.

Natürlich hat jede Stadt Wohnungen und Häuser, aber sie hat auch Straßen und Öffentlichkeit, ist bestimmt durch Vielfalt und Selbstbestimmung, Bildung und Kunst, Flanieren und Arbeit und durch das Interesse am guten Leben für alle. Das Glück, das die Bibel meint, hat eben eine soziale und politische Dimension und niemand kann es für sich privat reservieren.

Wenn es darum geht, vor Augen zu führen, was geglücktes Leben ist, entscheidet sich die Bibel gegen das Schloss und für die Stadt.

Martin Jäggle ist Professor an der Religionspädagogischen Akademie Wien und Autor von Religionsbüchern. Zusätzlich engagiert er sich in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit .

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