Sorge um die Fremden

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Mit seinem Vorschlag für das neue Asylgesetz tritt der Innenminister das österreichische Recht mit Füßen.

Der Innenminister schmückt sich mit dem päpstlichen Gregorius-Orden, an die Lehraussagen der Päpste zu Flüchtlingen hält er sich mit seiner Asylgesetznovelle aber nicht. Stattdessen verhöhnt er mit verbalen Untergriffen die Flüchtlingshilfe der Caritas und disqualifiziert deren Einquartierung von Asylsuchenden in Kirchen als bloßen PR-Gag. Der einzige jedoch, der die Medien für üble PR in eigener Sache missbraucht, ist der Innenminister selbst. Ungeniert diktiert er in Journalistenmikrofone, er habe alle Hilfsorganisationen eingeladen, Flüchtlingsquartiere zu nennen - sein Ministerium würde selbstverständlich die Finanzierung übernehmen. Stimmt nicht, die Caritas hat Quartiere gemeldet und keine Reaktion und kein Geld aus dem Innenministerium bekommen.

Eine nachträgliche Gesetzesänderung soll zudem dafür sorgen, dass der Staat weiterhin kein Geld für die Flüchtlingsbetreuung der Hilfsorganisationen zahlen muss. Es war ja auch nur der Oberste Gerichtshof, der einen Rechtsanspruch jedes Asylwerbers auf Bundesbetreuung festgestellt hat. Das kann doch diesen Innenminister nicht daran hindern, eine Bundesbetreuungsnovelle vorzulegen, die den OGH-Beschluss rückwirkend aushebelt. Verfassungsrechtler sagen diesem Gesetz zwar erneut voraus, dass es vor dem Verfassungsgerichtshof schwerlich bestehen wird - was soll's, auch aus Fehlern (siehe gekippte Hauptverbandsreform) lernt diese Regierung nicht dazu, das Recht wird weiterhin willkürlich gebeugt.

"Authentische Interpretation" nennt das Innenministerium seine Korrektur des Höchstrichter-Urteils zur Bundesbetreuung. Ein juristischer Winkelzug erster Klasse. Wenn man nur ähnlich viel Hirnschmalz beim neuen Asylgesetz verwendet hätte: Es wäre ein Gesetz, das diesen Namen verdient und kein Asylvermeidungsgesetz herausgekommen. Mit dem geplanten Neuerungsverbot, das Asylwerbern im Berufungsverfahren mit wenigen Ausnahmen das Vorlegen neuer Beweise verbietet, sieht der frühere VP-Spitzenpolitiker Heinrich Neisser sogar "tragende Grundsätze der österreichischen Rechtsordnung verletzt". Dabei hat ein Asylwerber, der es in die zweite Instanz schafft, Glück gehabt. Künftig können Flüchtlinge schon nach Prüfung in der ersten Instanz abgeschoben werden. Die fatale Konsequenz daraus: 2002 wurden 59 Prozent der negativen Asylbescheide von der zweiten Instanz aufgehoben. So viele erstinstanzliche Fehlentscheide wird es in Zukunft auf dem Papier nicht mehr geben. Dafür müssen zu Unrecht in ihre Heimat zurückgewiesene Flüchtlinge dafür bezahlen, dass man es in Österreich mit dem Recht nicht mehr so genau nimmt - im schlimmsten Fall mit ihrem Leben.

"Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen stellt eine Unterlassungssünde dar", heißt es in dem von Papst Johannes Paul II. herausgegebenen Dokument "Flüchtlinge, eine Herausforderung zur Solidarität": Das ist der Papst, von dem Ernst Strasser einen Orden für "die Sorge um die gerechte Integration von Fremden in Österreich" bekommen hat. Der solcherart Geehrte, gleichzeitig aber auch in die Pflicht genommene Innenminister nimmt diese Sorge aber nicht allzu ernst. Schon die von Strasser und Peter Westenthaler durchgepeitschte Integrationsvereinbarung ist bislang kläglich gescheitert - erst 134 Zuwanderer (Stand September) haben sie erfüllt. Jetzt droht mit dem neuen Asylgesetz der zweite Reinfall.

Der Innenminister verteidigt sich gerne, dass er mit seiner restriktiven Asylhandhabung ja nur Wirtschaftsflüchtlinge von politischen Flüchtlingen trennen will. Diese Unterscheidung ist der Kirche jedoch fremd: "Zu den Rechten der menschlichen Person gehört es auch, sich in diejenige Staatsgemeinschaft zu begeben, in der man hofft, besser für sich und die eigenen Angehörigen sorgen zu können", schreibt Papst Johannes XXIII. in der Enzyklika "Pacem in terris". Man könnte noch weitere diesbezügliche Aussagen nennen - und viele Politiker werden diese Forderungen als Utopie, unrealistisches, frommes Geschwätz abtun. Dürfen sie auch, bis auf denjenigen, der sich einen Papst-Orden anheftet. Ein solcher Politiker muss alles unternehmen, um den damit verbundenen Anforderungen zu entsprechen. Sonst verlangt es der Anstand, dass er dem Papst den Orden zurückgibt.

wolfgang.machreich@furche.at

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