Spitzen-Islamexperte musste ins zweite Glied

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Kommentarlos hieß es letzten Mittwoch im vatikanischen Pressebulletin, der Papst habe Erzbischof Michael Fitzgerald, 68, zum Nuntius in Ägypten und zum Vatikan-Delegaten bei der Arabischen Liga ernannt. Ein, gelinde gesagt, unüblicher Vorgang, bedeuten die dürren Zeilen auch, dass Fitzgerald nicht mehr den Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog leitet.

Intensive Spekulationen

Schon länger munkelt die vatikanische Gerüchteküche über größere Revirements in der Kurie. Dass Benedikt XVI. aber ausgerechnet den beliebten englischen Erzbischof und Islamexperten abberufen würde, hatte kaum jemand vermutet, im Gegenteil: Auf inoffiziellen Listen mit Namen präsumtiver Kardinäle war Fitzgerald noch zuletzt platziert worden.

Umso intensiver waren Spekulationen, was das zu bedeuten habe: Der Papst plane eine deutliche Verschlankung der Kurie hieß es von der Kathpress bis zur englischen Wochenzeitung The Tablet, der Rat für den Interreligiösen Dialog könnte mit anderen Dikasterien zusammengelegt werden. Ob dies in der spannungsreichen globalen Religionssituation ein gutes Zeichen wäre? Andere Kommentatoren witterten in der päpstlichen Entscheidung auch die Folge von Fitzgeralds Einsatz für den Ende 1994 verstorbenen Jesuitentheologen Jacques Dupuis, einen Pionier des interreligiösen Dialogs, der ins Visier des Glaubenshüters Joseph Ratzinger geraten war (auch Kardinal König hatte Dupuis verteidigt).

Abseit aller Spekulation ist Erzbischofs Fitzgerald für den Posten in Kairo prädestiniert: Er kommt in die Nachbarschaft zur Al-Azhar-Universität, der autoritativen Lehranstalt für den sunnitischen Islam. Islamkenner Fitzgerald wird sich gerade an diesem Wirkungsort direkt und kompetent ins Gespräch mit den Muslimen einbringen können.

Englischer Ordensmann

Michael Louis Fitzgerald, 1937 bei Birmingham geboren, trat in den Orden der "Weißen Väter" ein und wurde als 20-Jähriger nach Tunesien geschickt. Später studierte er in Oxford und an der Gregoriana in Rom Theologie und Arabistik. Er leitete an der Gregoriana das Institut für arabische und islamische Studien, bis er 1987 zum Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog kam. 1992 wurde er zu Bischof geweiht, 2002 folgte er dem nigerianischen Kardinal Francis Arinze als Präsident des Rates nach.

Für respektvollen Dialog

Erzbischof Fitzgerald hat sich in den letzten Jahren als prominente Stimme für einen respektvollen Dialog mit den nichtchristlichen Religionen einen Namen gemacht. Auch im jüngsten Karikaturenstreit mahnte er gegenseitigen Respekt von Christen und Muslimen ein. In Österreich war Fitzgerald ein gern gehörter Referent, zuletzt im Herbst 2005 in Mödling-St. Gabriel, wo er über die Entwicklung vom "christlichen Abendland" zum "plurireligiösen Europa" sprach.

Michael Fitzgerald wurde und wird auch als Kandidat für einen hochrangigen Bischofsposten in seiner englischen Heimat gehandelt. John Allen, Vatikanist des US-Wochenmagazins National Catholic Reporter zitiert Beobachter, die Fitzgerald als Nachfolger des Erzbischof von Westminster, Cormac Murphy O'Connor, der in zwei Jahren die Altersgrenze erreicht, ins Spiel bringen: Dann wäre der nun vermeintlich nach Kairo Abgeschobene auch wieder ein Top-Kandidat für den Kardinalshut. ofri

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