Die "Papisten" bleiben ausgeschlossen/Wer wird Nachfolger von Kardinal Hume?

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Der Wunsch der vier Millionen Katholiken in England und Wales noch vor Weihnachten einen neuen Primas zu erhalten, ging nicht in Erfüllung. Nunmehr verdichten sich aber Hinweise, daß im Februar die Entscheidung fallen soll, wer dem im Juni 1999 verstorbenen Kardinal Basil Hume als Erzbischof von Westminster nachfolgen soll.

Der - informelle - Zeitplan sah vor, daß der Apostolische Nuntius, Erzbischof Pablo Puente, bereits im September seinen Dreiervorschlag nach Rom senden würde, um dem Vatikan genügend Zeit zu geben, bis Weihnachten einen Namen auszuwählen, aber die nicht unbeträchtliche Verzögerung (immerhin ist das Amt jetzt seit über einem halben Jahr vakant) ist ein deutlicher Hinweis für die Schwierigkeiten einen geeigneten Nachfolger für den beliebten und geachteten Kardinal Hume zu finden, der seit 1976 das Amt bekleidet hatte.

Der Nuntius hat nicht nur mit jedem englischen Bischof die Nachfolgefrage besprochen, Erzbischof Puente hat auch - wie andernorts üblich - die Priester der Erzdiözese Westminster eingeladen, Vorschläge für Kandidaten zu unterbreiten.

Dementsprechend lang ist die Liste der möglichen Kandidaten, was die Wahl nicht gerade erleichtert. Abgesehen von der innerkirchlichen Ausrichtung (als Traditionalisten oder Vertreter einer spirituellen Erneuerung) stellen sich vor allem Fragen des Alters und der Erfahrung sowie der intellektuellen, spirituellen und politisch/diplomatischen Fähigkeiten.

Oft genannte Kandidaten sind: * Vincent Nichols, 54, den Bischof von Nord-London favorisieren viele. Er hat Charisma und gute Führungsqualitäten, ist aber möglicherweise zu jung. Sollte er nicht zum Zuge kommen, sehen ihn viele bereits als künftigen Erzbischof von Birmingham.

* Patrick Kelly, 60, der Erzbischof von Liverpool, wird dem konservativen Flügel zugezählt und würde auch altersmäßig passen; er ist jedoch ein sehr bescheidener Mann und hat kaum Profil in der Öffentlichkeit.

* Michael Fitzgerald, 62, ist der derzeit höchstrangige englische Vertreter im Vatikan als Sekretär im Päpstlichen Rat für Interreligiösen Dialog.

* John Crowley, 58, Bischof im nordenglischen Middlesbrough, hat sechs Jahre Erfahrung als Sekretär von Kardinal Hume, ist beliebt und populär und steht für eine spirituelle Erneuerung der römisch-katholischen Kirche in England und Wales.

* David Konstant, 69, Bischof von Leeds und Cormac Murphy-O'Connor, 67, Bischof von Arundel und Brighton werden als "safe pair of hands" genannt, also Kandidaten, die eher nicht für überraschende Kurswechsel gut wären.

* Timothy Wright, 57, war schon als Abt von Ampleforth eine Überraschung, könnte aber zu jung sein.

* Interessanter Außenseiter ist Timothy Radcliffe, 54, der erste Engländer seit 1216, der es zum Ordensgeneral des Dominikanerordens gebracht hat. Aus einer der großen katholischen Familien stammend ist er in seiner Spiritualität dem verstorbenen Kardinal ähnlich. Er sieht sich selbst aber nicht als Kandidat und würde es vorziehen im Orden zu verbleiben.

Keine leichte Aufgabe für die vatikanische Bischofskongregation unter Kardinal Lucas Moreira Neves, einen geeigneten Mann zu finden, denn der neue Erzbischof wird auch sehr stark an den Qualitäten seines Vorgängers gemessen werden - einer moralischen Autorität, die auch von den Nichtkatholiken geschätzt wurde.

Ein Vatikan-Insider deutet an, daß Rom Interesse hat, daß der englische Episkopat im "Mainstream" verbleibt und Experimente am "liberalen Rand" vermieden werden. So hat die englische Bischofskonferenz vor einiger Zeit für einen multi-konfessionellen Zugang im Religionsunterricht votiert, wobei sich Erzbischof Kelly von Liverpool ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat - was in Rom sicher positiv vermerkt wurde.

Möglicherweise steht eine weniger weniger riskante Übergangslösung ins Haus, sodaß ein Vertreter der "älteren" Generation zum Zuge kommt, um den derzeit noch zu jungen Kandidaten Gelegenheit zu geben, sich für höhere Aufgaben in der englischen Kirche zu profilieren.

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