Vom Fels in der Unruhe der Zeit

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Für "jedes Molekül Stabilität dankbar" seien wir mittlerweile, nach all den 68er Um- und Abbrüchen, meinte Kardinal Schönborn kürzlich sinngemäß und unter Bezugnahme auf Peter Sloterdijk. Die Rede war vom Petrusdienst Papst Benedikt XVI. als Fels in all der Veränderlichkeit ringsum. Tatsächlich dürfte dessen Positionierung der katholischen Kirche als letzter Bastion der Unveränderlichkeit in sich immer rasanter verändernden Zeiten innerhalb und außerhalb dieser Kirche durchaus starken Anklang finden.

Innerhalb, weil vielen der unter Johannes XXIII. angetretene Weg durch die Zeit zu riskant und manchen auch persönlich zu verunsichernd geworden ist und eine stark in sich ruhende Mystik mehr Halt gibt. Außerhalb, weil eine solche Kirche auch dann etwas zum Anhalten ist, wenn man mit ihr eigentlich nichts - oder nur ganz gelegentlich etwas - am Hut hat. Weil sie irgendwie schon immer da war. Dass es innerhalb außerdem mit dem Bestehenden auch recht viel Macht und Einfluss zu verteidigen gibt und außerhalb durchaus Dankbarkeit für Mithilfe beim Bewahren der herrschenden Verhältnisse, soll nicht unerwähnt bleiben. Aber am Rand eines stabilen Herrschaftssystems und an der Basis eines stabilen Religionsstaates begann einer, den Menschen den Weg zu einer neuen Art von "Stabilität" zu öffnen: indem er sie zur ureigenen und direkten Beziehung zu Gott als ihrem Vater ebenso ermächtigte wie zur Überwindung ihrer Klassierungen und Deklassierungen durch die Gesellschaft. Er stabilisiert den Menschen in der Hand des Vaters vis-à-vis den sich immer wieder neu etablierenden religiösen und weltlich-gesellschaftlichen Stabilitäten. Die von seinem Grab weggewälzte Steinplatte bleibt Wahrzeichen: sowohl für das Umwälzende wie auch für das neue Stabilität Gebende seines Geistes.

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger.

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