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Digital In Arbeit

WALTER RIENER / IMMER AN DER FRONT

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„Ursprünglich wollte ich unbedingt nach China, weil mir dort die Arbeit viel wichtiger erschien als hier im satten Europa“, erzählt der Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs, P. Dr. Walter Ri en er SJ. „Immer schon wollte ich nämlich an die Front, und eine Front scheint mir eben die christliche Verantwortung für die Gesellschaft zu sein.“

1908 in Wien geboren, trat Walter Riener nach der Matura 1928 in die Gesellschaft Jesu ein. „Priester zu werden wurde damals noch in dem Arbeiterbezirk, in dem ich aufwuchs, als das Ergreifen nicht eines geachteten, sondern eines verachteten Berufes angesehen“, erinnert er sich heute, da die Versöhnung der Arbeiterschaft mit der Kirche eines ' seiner Hauptanliegen ist. Nach den Studien in München und Innsbruck und der Priesterweihe kam der Krieg; das bedeutete für P. Riener vier Jahre Kriegsdienst, ein Jahr Sanitätsdienst und ein Jahr freiwilligen Aufenthalt in einem Gefangenenlager als Seelsorger. Nach seiner Rückkehr studierte er an der Wiener Universität Staatswissen- schäften und promovierte mit einer beim Nationalökonomen und Sozialpolitiker Degenfeld eingereichten Dissertation zum Dr. rer. pol. Damit war die Verbindung um Priestertum und Sozialarbeit auch wissenschaftlich untermauert, und 1958, als die österreichische Bischofskonferenz die Gründung einer Katholischen Sozialakademie beschloß, wurde P. Riener zu deren Direktor bestellt.

Es geht P. Riener in der Sozval- akademie, wie er ausdrücklich betont, nicht um die Weitergabe irgendwelcher „christlich“ etikettierter Patentformeln, mit deren Hilfe eine ideale Gesellschaftsordnung errichtet werden soll. Das Ziel der Sozialakademie ist es vielmehr, Information und Orientierung zu geben — über christliche Werte und die Möglichkeiten ihrer sachlichen Verwirklichung, aber ebenso über Probleme, die nicht primär weltanschaulicher Natur sind. Das Wort „Bildungsarbeit“ wird daher in der Sozialakademie ganz groß geschrieben. Dreimonatige Internatskurse und zweijährige politisch-soziale Fernkurse, soziale Tagungen für Seelsorger, soziale Weekends für Unternehmer, spezielle Kurse für verschiedene Organisationen und die verschiedensten Publikationen (eine Buchreihe, Broschüren, Artikel,

Presseaussendungen und ein eigener „Informationsdienst der KSA“) sind die wichtigsten Instrumente, die diesem Anliegen dienen. „Unsere Arbeit in der Sozialakademie kann nie eine Arbeit für eine Partei sein“, meint P. Riener, „auch nicht für die, die wir dann vielleicht wählen.“

Das reale, das gesellschaftliche Leben, das der christlichen Verantwortung mitaufgegeben ist, ist der Gegenstand von P. Rieners Berufung und Beruf. Die Gesellschaft zu meistern, und zwar gegenwarts- und zukunftsbezogen und nicht an der Vergangenheit orientiert, darin sieht P. Riener, der sich hier der Lehre P. Nell- Breunings eng verbunden fühlt, eine noch immer von vielen zuwenig beachtete christliche Aufgabe. „In der modernen Gesellschaft, in ihrer Verflochtenheit, müssen wir das Junktim von Wahrheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit finden. Das scheint mir das Anliegen einer Sozialarbeit in der Kirche zu sein.“

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