Was ich mir wünsche im Advent

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Warum hält sich so hartnäckig das Gerücht, Advent sei die stillste Zeit im Jahr? Alle wissen, daß dem nicht so ist. Und keiner tut etwas, daß es so werden könnte, ganz im Gegenteil. Was bedeutet still in der Vorstellung der Leute? Heißt "still" nicht reden? Heißt "still" nachdenken? Steht hinter dieser Formulierung die Sehnsucht nach Ruhe und der Versuch, zu sich zu kommen?

Als ich das angebotene Glas Wein ablehnte, kam die Rede darauf, daß ich im Advent auf Alkohol verzichte. "Na, da hättest du dir aber eine bessere Zeit aussuchen können als die Adventszeit. Gerade jetzt in der Punsch- und Glühweinzeit keinen Alkohol zu trinken, ist wohl auch keine kluge Entscheidung." Das Bewußtsein, daß die Adventzeit eigentlich eine Fastenzeit ist, fehlt weitgehend.

Und dann war da diese Zeitungsmeldung in einer westösterreichischen Zeitung, die bei mir verärgertes Kopfschütteln auslöste. "Für die katholische Kirche beginnt mit dem 1. Adventsonntag ein neues Kirchenjahr." lautete sie. Was ist mit den anderen Kirchen? Ist es unbekannt, daß es christliches Brauchtum gibt, das nicht nur in der römisch-katholischen Kirche beheimatet ist? Oder muß man überhaupt darauf hinweisen, daß Advent etwas mit dem Christentum zu tun hat? Jedes Jahr befällt mich in der Adventzeit dieser unterschwellige Zorn: Daß eine der wichtigsten Zeiten im Kirchenjahr so verkannt wird.

Was ich mir wünsche im Advent: Zeit zum Hören und Zeit zum Nachdenken, Verlangsamung. Nicht unter Druck gesetzt zu werden (durch massive Spendenaufrufe), gerade jetzt ein besonders guter Mensch sein zu müssen. Nicht die Überfülle an Advent-und Weihnachtsfeiern. Nicht den Ausverkauf des Christentums. Was ich mir wünsche: Daß der Segen spürbar wird. Daß sich die Menschen getrauen, aus ihrer Sehnsucht nach Heil Konsequenzen zu ziehen. Daß sich mehr Menschen getrauen, gegen den Strom zu schwimmen,um wieder zur Quelle zu kommen. Ob das zu fromme Wünsche sind?

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