Auch in Zeiten wie diesen gibt es manchmal angenehme Überraschungen. So stand heute früh (ich schreibe diese Zeilen am Karfreitag) in einer westösterreichischen Tageszeitung als Headline zu lesen: "Aussöhnung mit den Protestanten". Mein Osterwunsch: Aussöhnung in der Weise, daß wir über die erste Stufe der Subjekt-Objekt-Beziehung hinauskommen (evangelische Christen sind zur Zeit die Objekte der römisch-katholischen Entschuldigung) und gemeinsam mit den anderen Christen im Lande das tun, was lebensfördernd ist.- Dazu ist eine Gedenktafel - mit der der Innsbrucker Bischof Alois
In den letzten Jahren wurde über verschiedene Schwerpunkte der evangelischen Kirche in Österreich viel diskutiert, auch auf Synoden. Offensiv haben wir heiße Eisen angegriffen, uns manchmal auch Brandblasen zugezogen. Das Thema Mission war kein Thema. Zurückhaltend habe zumindest ich mich verhalten, wenn es ab und zu am Rande darum ging.Mit mir viele. Derzeit bin ich der Meinung, daß das nicht richtig war.Nicht daß Sie mich mißverstehen: ich will keine Kreuzzüge. Aber ich möchte ein Profil von christlicher Kirche, das klar und deutlich ist. Ich möchte, daß die Botschaft, die wir
Am vergangenen Wochenende tagten in drei Superintendenzen Superintendentialversammlungen: die Diözesanparlamente. Hauptinhalt waren Neuwahlen. Alle Funktionsträger und Funktionsträgerinnen außer der Superintendentin wurden neu gewählt. Alle, die sich bei uns in Salzburg und Tirol einer Wiederwahl stellten, wurden auch gewählt. Damit wurde dokumentiert: Wir schätzen eure Art für uns zu arbeiten. Deshalb beauftragen wir euch noch einmal sechs Jahre.Breiten Raum in der Diskussion nahm das Thema Staat und Kirche ein, aktuell eingeleitet durch die burgenländische Situation.
Die Wogen sind noch lange nicht geglättet in unserer evangelischen Kirche. Sie gingen hoch, weil man/frau unterschiedlicher Meinung war und ist über das, was sich politisch momentan in Österreich ereignet. Und in der Folge wurde eine Frau - Gertraud Knoll - in unflätigster Weise angegriffen, bedroht, beschimpft. Warum? Weil sie sich zu Wort gemeldet hat. Was sie sagte: Sätze, die jede Christin und jeder Christ gerne akzeptiert, solange sie von der Kanzel gesprochen werden.Das Problem: diese Worte wurden nicht in einer Kirche sondern bei einer Demonstration gesprochen. Und: Sie wurden von
Die Gemüter sind erhitzt. Meinungen prallen aufeinander, heftig und rauh zeitweise. Aber es ist ja auch nicht so ohne. Die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei läßt viele aus einem politischen Dornröschenschlaf erwachen. Die einen zu engagiertem Protest bis hin zur Demonstration, die anderen zu warnenden Worten, die zur Wachsamkeit aufrufen. Daß es noch eine dritte Gruppe gibt, denen beides nicht paßt, sondern die sich gerade in der jetzigen politischen Situation beinahe am Ziel ihrer Wünsche sieht, macht die Lage nicht einfacher. In unserer evangelischen Kirche gehen die
Sie redete ohne Punkt und Komma und ließ mich kaum nachfragen. Sie wolle mir nur mitteilen, daß Sie jetzt endgültig aus der evangelischen Kirche austreten werde. "Warum wollen Sie austreten?" "Weil ich es satt habe, daß diese Kirche ein Sozialamt ist." "Was möchten Sie denn, daß die Kirche ist?" "Ich brauche Mystik und Magie, und die finde ich in dieser evangelischen Kirche nicht."In der Frage Sozialamt oder Mystik taucht ein alter Gegensatz auf, die Frage nach dem geerdeten Alltag auf der einen Seite und nach dem Transzendenten auf der anderen. Die Frage nach der Nahrung für den Leib
Sie kennen wahrscheinlich alle das Motiv: der junge Mann mit den lockigen Haaren, langem wallenden Gewand und weißen Flügeln, der seine Hände schützend über zwei Kinder hält, die über eine Brücke gehen. In den Schlafzimmern meiner Kindheit hing es als Bild. Kitschig und bunt. Im letzten Sommer habe ich es wiederentdeckt, in Maria Luggau, als Schneekugel und habe es gekauft; ich sammle nämlich religiösen Kitsch.Es hat etwas Rührendes. Die Kinder und der Engel. Seltsamerweise wich für mich als Kind die Angst, wenn ich an diese Szene dachte. Heute rangiert diese Darstellung in der
Erster Tiroler Integrationsball. Zu den bekannten Klängen alpenländischer Musik zogen sie zur Eröffnung des Ballgeschehens ein: Frauen aus den Philippinen, Afrikanerinnen und Afrikaner, eine Mädchengruppe aus Anatolien, serbische Kinder in Tracht und die Gamskogler aus Ampass, Tirol. Buntheit, Verschiedenheit, bei manchen Befangenheit. Selbstbewußt die Tiroler Männer Frauen und Kinder. Mittendrin ein Jugendlicher mit blauen Haaren. halt so, wie Jugendliche die Haare manchmal haben: blau oder grün. Bei ihm war die Farbe leuchtend, sehr auffallend. Genauso auffallend wie die dunkle
Hurra, wir leben noch! Sogar meine Mikrowelle hat den Sprung nach 2000 geschafft, ganz abgesehen von den Atomkraftwerken weltweit, den Spionagesatelliten und den guten alten Bankomaten.Wir haben am Silvesterabend mit einer großen ökumenischen Gemeinde einen wohltuenden Jahresschlußgottesdienst gefeiert und anschließend ruhig und gemütlich im kleinen Kreis mit guten Freunden gegessen, getrunken, geredet. Wir haben um Mitternacht den durch Feuerwerkskörper hell erleuchteten Himmel bestaunt, haben über Handy versucht unsere auswärts feiernden Kinder zu erreichen, was zwischen null und ein
Bei uns in Tirol drehen sich die Gespräche vor allem der jungen Menschen immer noch um die Ereignisse des Samstagabends vor dem zweiten Advent. Wie sollte es anders sein, da unsere Jugendlichen und wir fast alle jemanden kennen, der bei der Massenpanik am Bergisel getötet oder verletzt worden ist?Die Gespräche haben sich verändert. Am Anfang war das Erzählen von der Hilflosigkeit in der Panik. Sehr viele waren in dem Knäuel, das sich über den Abhang wälzte. Natürlich spürte man, daß da jemand unter einem lag. Aber den oder die herauszuziehen war unmöglich. Und dann die Frage: Mama,
Warum hält sich so hartnäckig das Gerücht, Advent sei die stillste Zeit im Jahr? Alle wissen, daß dem nicht so ist. Und keiner tut etwas, daß es so werden könnte, ganz im Gegenteil. Was bedeutet still in der Vorstellung der Leute? Heißt "still" nicht reden? Heißt "still" nachdenken? Steht hinter dieser Formulierung die Sehnsucht nach Ruhe und der Versuch, zu sich zu kommen?Als ich das angebotene Glas Wein ablehnte, kam die Rede darauf, daß ich im Advent auf Alkohol verzichte. "Na, da hättest du dir aber eine bessere Zeit aussuchen können als die Adventszeit. Gerade jetzt in der
Müssen Christen aus aktuellem Anlaß Resolutionen über Fremdenhaß und Rassismus verfassen und veröffentlichen? Müssen Christen darauf hinweisen, daß Jesus als Jude geboren wurde, und deshalb Antisemitismus die frohe Botschaft vergiftet? Ist es wirklich notwendig zu sagen, daß nicht nur die in der Mitte der Gesellschaft lebenden, sondern auch die an den Rand gedrängten Menschen unsere Schwestern und Brüder sind?Die Synoden der evangelischen Kirchen, die letzte Woche in Innsbruck tagten, fanden, daß dies notwendig sei. Die Gründe dafür sind hinreichend bekannt. Aber eigentlich ist es
Am Sonntag beginnen die Tagungen der diesjährigen Synoden der evangelischen Kirche, heuer in Innsbruck. Synode, das heißt: ein dicker Ordner voller Unterlagen, Anträge und Abänderungsanträge, lange Sitzungen, kontroverse Diskussionen, Abstimmungen.Synode, das heißt heuer: die Wahl von zwei Oberkirchenräten/-rätinnen. Einmal für das Personalreferat, einmal für das Referat eines "weiteren geistlichen Oberkirchenrats". Mehrere Personen stellen sich dieser Wahl, Frauen und Männer. Synode, das heißt auch: ein Festvortrag des Soziologen Peter L. Berger aus Boston, USA, zum Thema
Warum sagen Sie eigentlich nie öffentlich etwas gegen die Sonntagsarbeit? Diesen Vorwurf mußte ich mir neulich wieder einmal anhören. Zugegeben, ich habe mich in dieser Angelegenheit bisher eher zurückgehalten. Denn es reicht mir nicht, zu sagen: kaufen Sie am Sonntag nicht ein. Ich bin auch skeptisch, wo es um Allianzen der Kirche mit anderen Gruppen zum Thema arbeitsfreier Sonntag geht. In den Aktionen, die dazu gestartet werden, heißt es dann: Der Sonntag muß Freizeit bleiben. Oder: Wir brauchen den Sonntag, um Lebensqualität zu erhalten. Und manche Gruppen, die sich so äußern,
In diesen zwei Begriffen drücken sich ganz unterschiedliche Lebensformen aus. Den Herrgottswinkel kenne ich aus dem konservativ-bäuerlichen römisch-katholischen Umfeld. Die dazugehörige Frömmigkeit ist in Tirol nach wie vor da, eine Frömmigkeit, die oft noch den Evangelischen das Leben schwer macht, bewußt oder unbewußt. Nach dem unausgesprochenen Motto: wozu muß es denn noch die protestantische Kirche geben, wir sind doch da. Es ist eine Frömmigkeit, die sich mit Tradition begnügt und von den Priestern erwartet, daß sie bewahren, was schon immer war. Diese Art, die Kirche
Wir können wählen - das steht auf den Plakaten, die jetzt überall in den evangelischen Pfarrgemeinden aufgehängt werden.Es ist Vorwahlzeit. Nicht nur der Nationalrat, nein auch die demokratischen Vertretungsorgane in unseren Pfarrgemeinden werden gewählt.Wir können wählen - für jeden Staatsbürger eine Selbstverständlichkeit. Und so wählen wir auch als Kirchenmitglieder alle sechs Jahre unsere Parlamente: in den Gemeinden, in den Diözesen, in der Gesamtkirche.Doch damit hat die Kirchendemokratie noch kein Ende. Auch die hauptamtlichen Geistlichen werden bei uns gewählt. Auf der
Reichlich erschöpft bin ich. Fünf Tage lang habe ich Hamburger Luft geschnuppert, die Gastfreundschaft meiner Quartiergeber genossen und viele Kilometer zu Fuß und per U-Bahn zurückgelegt.Ich war auf dem 26. Deutschen Evangelischen Kirchentag. 123.000 Dauerteilnehmer und viele Tagesgäste ließen sich in 2.000 Einzelveranstaltungen sagen, „was gut ist”. (Das Motto lautete: „es ist dir gesagt Mensch, was gut ist” nach Micha 6,8). Zum Kirchentag gehören wie zu jeder Massenveranstaltung überfüllte Veranstaltungen, Schlangestehen vor WCs und an Essensausgabestellen, lange
Können Sie sich an jenes Ereignis erinnern, von dem in der Apostelgeschichte als dem ersten Pfingstfest erzählt wird?Der Geist Gottes, so wird berichtet, gab den Jüngern Jesu damals die Fähigkeit, sich verständlich zu machen. Sie sprachen, und Menschen verstanden sie und einander. Stürmische Begeisterung brach aus, erreichte viele, von Tausenden ist die Bede.Als eine heutige Jüngerin Jesu wünsche ich mir ein solches Ereignis auch im Jahr 1995. Die Kirchen haben es nötig. Wir mißverstehen einander am laufenden Band, wir wollen angstvoll das Bestehende erhalten, wo wir doch spüren
Wenn ich an Dietrich Bonho-effer denke, sehe ich vor mir die Außenanlagen des KZs Flossenbürg, wo er im Morgengrauen des 9. April 1945 erhängt wurde. Ich habe die Gedenktafel vor Augen, die man dort angebracht hat, und zu deren Enthüllung der damalige bayrische Landesbischof nicht kam, weil Bonhoeffer „nur” ein politischer Märtyrer gewesen sei. Auf dieser Gedenktafel steht: „Dietrich Bonhoeffer - ein Zeuge Jesu Christi unter seinen Brüdern.' In der Tat ist Dietrich Bonhoeffer ein politischer Mensch. Sein politisches Engagement ist zutiefst in seinem christlichen Glauben verwurzelt,