Am vergangenen Wochenende tagten in drei Superintendenzen Superintendentialversammlungen: die Diözesanparlamente. Hauptinhalt waren Neuwahlen. Alle Funktionsträger und Funktionsträgerinnen außer der Superintendentin wurden neu gewählt. Alle, die sich bei uns in Salzburg und Tirol einer Wiederwahl stellten, wurden auch gewählt. Damit wurde dokumentiert: Wir schätzen eure Art für uns zu arbeiten. Deshalb beauftragen wir euch noch einmal sechs Jahre.
Breiten Raum in der Diskussion nahm das Thema Staat und Kirche ein, aktuell eingeleitet durch die burgenländische Situation. Unterschiedlichste Meinungen zur momentanen Lage Österreichs wurden laut. Unterschiedlichste Ansichten darüber, wie sich Kirche zu verhalten hat, wurden geäußert. Es gelang uns, aufeinander zu hören, es gelang uns einander gelten zu lassen. Die Ehrlichkeit und Offenheit, mit der gesprochen wurde. war beeindruckend, der Ton war nie verletzend, oft mahnend, oft um Verständnis bittend.
Das Ergebnis unter anderem: evangelische Solidarität. Einerseits mit Gertraud Knoll, die in einer Weise an den Pranger gestellt wird, der die Menschenwürde verletzt, andererseits aber auch mit den burgenländischen Gemeinden. Ein Ermutigungsbrief wurde verfaßt, der Hilfe anbietet, mögliche Wege aufzeigt, Krisenmanagementversuche. Auch unseren Bischof haben wir noch einmal um Hilfe gebeten. Der Wunsch, daß er mit den Initiatoren der Unterschriftenaktion gegen Gertraud Knoll spricht, wird an ihn herangetragen. Was wir erwarten: ein Aufbrechen der Fronten, ein neues Aufeinander hören, einen evangelischen Ton.
Darüberhinaus wollen wir unserer Vergangenheit nicht länger ausweichen. Die Erkenntnis, daß vieles von dem, was jetzt aufbricht mit dem problematischen Naheverhältnis vieler Evangelischer zum Nationalsozialismus zu tun hat, liegt auf der Hand. Auch darüber müssen wir ins Gespräch kommen.
Luise Müller ist Superintendentin der evangelischen Diözese Salzburg und Tirol.
