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Nach dem Kirchentag

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Reichlich erschöpft bin ich. Fünf Tage lang habe ich Hamburger Luft geschnuppert, die Gastfreundschaft meiner Quartiergeber genossen und viele Kilometer zu Fuß und per U-Bahn zurückgelegt.

Ich war auf dem 26. Deutschen Evangelischen Kirchentag. 123.000 Dauerteilnehmer und viele Tagesgäste ließen sich in 2.000 Einzelveranstaltungen sagen, „was gut ist”. (Das Motto lautete: „es ist dir gesagt Mensch, was gut ist” nach Micha 6,8). Zum Kirchentag gehören wie zu jeder Massenveranstaltung überfüllte Veranstaltungen, Schlangestehen vor WCs und an Essensausgabestellen, lange Wartezeiten auf vollen U-Bahn-steigen. Für die Einheimischen viel Unruhe, viel zu viele Menschen, die das Gewohnte stören.

Und trotzdem ist der Kirchentag ein Highlight. Es wird darüber gesprochen, wo Glauben in unübersichtlicher Zeit ansetzen kann, es wird bewußt an die Bänder gegangen, aber zugleich werden die Zentren des Glaubens nicht vergessen. So wird zum Beispiel ein ganzer lag über die Taufe nicht nur geredet, sondern auch ein Tauferinne-rungsfest mit der Hamburger Bischöfin Maria Jepsen gefeiert.

Wir erfahren in Podiumsdiskussionen wie Politiker, Kirchenleute, Wissenschaftler und Menschen aus der Wirtschaft mit Sekten umgehen, und erleben hautnah die Beaktion der PB-Leute von Scientology.

Dann bietet der Kirchentag immer auch die Möglichkeit, die ganz Großen einmal „live” zu erleben. Die Interpretation der Zehn Gebote von Dorothee Solle und Luise Schottroff zu hören, Jörg Zink über die Erhaltung der Schöpfung, oder Bichard von Weizsäcker, dessen Veranstaltung schon Stunden vorher restlos überfüllt war und Tausenden nur noch die Möglichkeit bot, über Lautsprecher und im Be-gen stehend, mitzuhören.

Am Bande und doch mittendrin der Dialog mit den anderen Beli-gionen. Den Hamburger Babbiner in seiner Synagoge erleben oder junge Moslems, die in einer Halle ein türkisches Cafe betreiben.

Noch ist mein Kopf und mein Herz voll von diesen und noch viel mehr Eindrücken. Ungeordnet einstweilen, aber Mut machend. Im Moment müde, aber zufrieden, wissend, daß dieser Weg ein guter ist.

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