Sichtbar evangelisch

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Die Gemüter sind erhitzt. Meinungen prallen aufeinander, heftig und rauh zeitweise. Aber es ist ja auch nicht so ohne. Die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei läßt viele aus einem politischen Dornröschenschlaf erwachen. Die einen zu engagiertem Protest bis hin zur Demonstration, die anderen zu warnenden Worten, die zur Wachsamkeit aufrufen. Daß es noch eine dritte Gruppe gibt, denen beides nicht paßt, sondern die sich gerade in der jetzigen politischen Situation beinahe am Ziel ihrer Wünsche sieht, macht die Lage nicht einfacher. In unserer evangelischen Kirche gehen die Wogen hoch.

Es gibt die, die ihren Protest anmelden gegen die, die auf die Straße gehen. Sie drohen mit Austritt aus unserer Kirche und setzen ihn eventuell auch in die Tat um. Sie wittern Parteipolitik, wo überzeugte Christinnen und Christen sich vom Evangelium herausgefordert sehen zur Parteilichkeit.

Eine weitere Gruppe meint, daß zum jetzigen Zeitpunkt christliche Demokraten noch nichts auf der Straße verloren hätten, daß es andere Mittel gäbe, Protest zu äußern. Ihnen genügen momentan die warnenden Worte, die zeigen, daß die evangelische Kirche hellhörig ist. Sie wollen abwarten, sehen, was sich ereignet, bei Bedarf an ganz konkreten Punkten tätig werden.

Es gibt aber auch genug Menschen in unserer Kirche, denen vorsichtig warnende Worte viel zuwenig sind. Wehret den Anfängen, so sagen sie, und: Es gibt bereits jetzt politische Aussagen, die derart gegen alle christlichen Grundsätze gehen, daß wir überall dort, wo das Evangelium mit Füßen getreten wird, aufschreien müssen.

Ich selbst bewege mich zwischen den Demonstrierern und den Warnern. Aber ich möchte mir, wenn ich es für richtig halte, keinesfalls das Teilnehmen an einer Demonstration verbieten lassen (von wem denn auch?). Aber etwas anderes erwarte ich auch: daß ich selber entscheiden kann, wann ich auf die Straße gehe, und wann ich andere Mittel des Protestes anwende.

Und eines will ich auf alle Fälle: Weiterhin sichtbar evangelisch bleiben.

Luise Müller ist Superintendentin der evangelischen Diözese Salzburg und Tirol.

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