Zurück in die Wirklichkeit

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Am Montag haben die österreichischen Verfassungsrichter eine weit reichende Entscheidung getroffen: Sie haben den (einfach)gesetzlichen Eingriff in privatrechtliche Verträge für zulässig erklärt. Inhaltlicher Ausgangspunkt dieser Entscheidung war das ÖBB-Pensionsrecht, in Analogie liegt die Frage nun natürlich auch bei den an die Sozialpartner delegierten Verhandlungen über ein neues Eisenbahnerdienstrecht auf dem Tisch.

Man kann die Entscheidung der Höchstrichter - nach den Dämpfern, die der Regierung in Sachen Pensionsreform, Ambulanzgebühr etc. verabreicht wurden - wohl als Erfolg für die Regierung werten. Ein Erfolg freilich, der den Regierungschef noch gehörig unter Druck setzen wird: Der Spielraum, der Wolfgang Schüssel in den Gesprächen über die Angleichung der Pensionssysteme zur Ruhigstellung der beamteten ÖVP-Spezialklientel bleibt, hat sich mit diesem Urteil ebenfalls verringert.

Entscheidend ist aber wohl, dass die Verfassungsrichter schlicht und einfach der Realität zu ihrem Recht verholfen haben: Wenn sich die ökonomischen, gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen in einem Ausmaß ändern, wie das in den vergangenen 15 Jahren der Fall war - vom Ende der bipolaren Weltordnung über die Globalisierung bis zu den heftig diskutierten Geburtenraten -, wäre es geradezu aberwitzig, wollte man Vereinbarungen, die unter völlig anderen Rahmenbedingungen entstanden sind, für sakrosankt erklären.

Man mag gegen das "Wende-Projekt" von ÖVP und FPÖ prinzipielle Einwände haben oder auch nur skeptisch sein angesichts etlicher fragwürdiger Begleitumstände. In diesem konkreten Punkt stimmt die Richtung - und sie heißt: zurück in die Wirklichkeit.

Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der "Presse".

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