Markt ist viel, nicht alles

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Gewiss kann man den misslungenen Versuch einer Totalprivatisierung der VOEST von vielen Seiten kritisch beleuchten. Wäre "Weniger Staat, mehr Land" wirklich sinnvoll? Aber niemand hat ernsthaft die andere Frage auch nur andiskutiert: Wäre die berühmte "oö. Kernaktionärsstruktur", um die unter Führung Sepp Pühringers alle vier Landtagsparteien kämpften, wirklich so reaktionär? Verdienen Oberösterreicher, die historische Emotionen pflegen, nichts als Spott?

Hier ist nicht der Platz, eine inhaltliche Antwort zu erteilen. Aber eines soll doch nicht vergessen sein: Auch Wirtschaftsdogmen sind für die Menschen da, nicht umgekehrt. Vernünftiges wirtschaftliches Denken ist in Österreich zu lange zuwenig ernst genommen worden. Jetzt wird es freilich bald zu lange schon sakralisiert. Börsenlogik ist wichtig. Aber steht sie automatisch über dem Volkswillen, selbst wenn dieser irren sollte?

Die EU-Kommission hat ein Grünbuch über "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse" zur Debatte gestellt. Erstmals steht da nicht der Abbau von Markthindernissen, sondern der Aufbau der europäischen Gesellschaft im Vordergrund. Dafür ist Marktfreiheit von entscheidender Bedeutung. Aber Markt allein ist nicht alles. Marktmissbräuche müssen abgestellt werden.

Missbrauch liegt vor, wenn in Zeiten des Sparens Flop-Verursacher Rucksäcke voll Goldes umgehängt bekommen, damit sie die Güte haben zu gehen. Missbrauch liegt vor, wenn Megakonzerne (nicht nur Enron in den USA) trotz fetter Gewinne jahrelang keine Steuern zahlen. Und der Missbrauch stinkt zum Himmel, wenn Industriestaaten ihre Agrarprodukte subventionieren und sich Agrarimporte aus armen Ländern vom Leib halten. Das ist ein tausendmal schlimmerer Egoismus als der Kampf um ein paar Stahlwerksanteile.

Der Autor ist freier Publizist.

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