7113436-1996_06_14.jpg
Digital In Arbeit

Raffinierte Tricks der Gddwäscher

19451960198020002020

Kriminellen Geldern müssen Refugien entzogen werden. Der Pressesprecher des Justizministeriums, Gerhard Litzka, sagt, wie das geschehen soll.

19451960198020002020

Kriminellen Geldern müssen Refugien entzogen werden. Der Pressesprecher des Justizministeriums, Gerhard Litzka, sagt, wie das geschehen soll.

Werbung
Werbung
Werbung

dieFurche: Welchen Stellenwert hat die Bekämpfimg der Geldwäscherei im Kampf gegen die organisierte Kriminalität?

Gerhard Litzka: Einen überaus hohen. Menschen sind in Verbrecherorganisationen meist leicht zu ersetzen. Aber wenn es gelingt, das finanzielle Zentrum der Organisation zu treffen, kann das ihre Handlungsfähigkeit ernsthaft gefährden.

dieFurche: In welcher Größenordnung werden kriminelle Gelder in Österreich vermutet?

Litzka: Das ist schwer abschätzbar. Im Jahr 1994 wurden von den Banken Verdachtsgelder in zweistelliger Milliardenhöhe an die Sicherheitsbehörden gemeldet, beschlagnahmt wurden 375 Millionen Schlilling. Allein die in Österreich gesperrten Drogengelder des Medellin-Kartells betragen 70 Millionen Schilling.

dieFurche: Worin bestehen die häufigsten „ Tricks " der Geldwäscher?

Litzka: In letzter Zeit wenden sie immer häufiger eine besonders gefährliche Methode an: Die Beteiligung an bestehenden, bis zu diesem Zeitpunkt völlig legalen Unternehmen. Da sitzt irgendwo ein Teppichhändler allein in seinem Laden. Eines Tages steigt ein stiller Gesellschafter in das Geschäft ein. Unmengen von Teppichen werden importiert und billig verschleudert, oft unter dem Einstandspreis. Auf diese Weise macht der kleine Laden plötzlich große Umsätze, viel Geld kann reingewaschen werden. Der finanzielle Verlust durch das Verkaufen der Ware unter ihrem Wert ist dabei von vornherein einkalkuliert.

dieFurche: Das Teppichgeschäfl ist also ein Tummelplatz von Geldwäschern?

Litzka: Nein, so etwas kann in jeder Branche geschehen; auch „Import-Export" eignet sich gut. Die große Gefahr dabei ist, daß der Markt ständig mit „tollen Billigangeboten" überschwemmt wird, was das Marktgefü-ge in dem betroffenen Land fast unmerklich, aber nachhaltig beeinflussen kann. Jeder Staat muß sich also schon aus gesamtwirtschaftlicher Sicht vor solchen Machenschaften hüten.

dieFurche: Welche rechtlichen Handhaben gibt es gegen die Geldwäscherei?

Litzka: Gerade in den letzten Jahren ist in der Gesetzgebung viel geschehen. Seit 1993 gibt es eine ausdrückliche strafrechtliche Bestimmung gegen Geldwäscherei; nach dem neuen Bankwesengesetz müssen die Banken jeden Verdachtsfall der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit melden. Damit wurde die Zusammenarbeit von Banken und Sicherheitsbehörden endlich auf eine gesetzliche Basis gestellt. Funktioniert hat sie auch schon vorher, aufgrund der „Sorgfaltspflichterklärung" der Banken.

dieFurche: Der Geldwäscherei-Paragraph und das Bankwesengesetz sind sicher Schritte in die richtige Richtung, aber offensichtlich doch nicht ausreichend ...

Litzka: Eben deshalb wird gerade in diesen Wochen zum zweiten großer! Schlag ausgeholt: nämlich gegen kriminelle Gewinne an sich. Die Regierungsvorlage zum Strafrechtsänderungsgesetz, die dem Parlament bereits vorliegt, enthält eine Regelung zur Abschöpfung von kriminell erworbenen Vermögenswerten. Dabei reicht unter bestimmten Voraussetzungen die Vermutung aus, daß diese Werte aus einem Verbrechen stammen. Und damit alles schnell genug geht, wird das Gericht binnen Stunden durch eine „einstweilige Verfügung" Verdachtskonten einfrieren können.

dieFurche: Wie könnte ein solcher Fall aussehen?

Litzka: Nun, jemand wird bei einem Drogendeal erwischt. Nachgewiesen werden ihm drei Transaktionen, bei denen er eine Million Schilling lu-kriert hat. Im selben Zeitraum hat er sich jedoch auch eine Villa und einen teuren Wagen gekauft, sich an zwei Unternehmen beteiligt und mehrere Bankkonten eröffnet, Gesamtwert 100 Millionen Schilling. Wenn es ihm nicht gelingt, glaubhaft zu machen, daß er dieses Vermögen rechtmäßig erworben hat, wird es beim Abschöpfungsverfahren miterfaßt.

dieFurche: Im Strafrecht gilt aber grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Ist eine solche Regelung damit überhaupt vereinbar?

Litzka: Ja. Eine „Beweislastumkehr" wäre grundrechtswidrig, aber darum handelt es sich hier nicht. Der Verdächtige muß die rechtmäßige Herkunft seines Vermögens nicht beweisen, sondern nur die Wahrscheinlichkeit darlegen. Wenn er zum Beispiel im Vorjahr eine große Erbschaft gemacht hat, könnte das eine hinreichende Erklärung sein. Außerdem dürfen nur Einkünfte abgeschöpft werden, die in zeitlichem Zusammenhang mit erwiesenen fortgesetzten oder wiederholten Verbrechen dieser Person stehen. Insgesamt also eine ausgewogene Regelung, die sich an internationalen Vorbildern orientiert.

dieFurche: Was nützt aber die beste Abschöpfungsregelung, wenn das Drogengeld auf einem anonymen Bankkonto oder bei einer Scheinfirma liegt?

Litzka: Dafür soll es ein sogenanntes „objektives Verfallsverfahren" geben. Wenn die österreichischen Sicherheitsbehörden von einem solchen Geldfluß erfahren, kann dieses Vermögen abgeschöpft werden, auch wenn keine bestimmte Person im Inland als Täter feststellbar ist.

dieFurche: So etwas setzt aber eine enge internationale Zusammenarbeit voraus ...

Litzka: Die internationale Zusammenarbeit ist einer der entscheidendsten Punkte bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Zwischen den entwickelten demokratischen Staaten funktioniert sie bereits heute sehr gut. Nach der Konsolidierung der neuen Demokratien in Osteuropa ist mittelfristig auch hier eine wesentliche Verbesserung der Kontakte und Informationsflüsse zu erwarten.

dieFurche: Wäre eine rasche Beschlußfassung über das Strafrechtsänderungsgesetz nicht zugleich eine „vertrauensbildende Maßnahme" auf internationaler Ebene?

Litzka: Mit diesem Gesetz, das spätestens am 1.1.1997 in Kraft treten soll, kann Osterreich wirklich jedem internationalen Vergleich standhalten. Das ist ein großer Erfolg von Justizminister Michalek und wird sicher auch zur Verbesserung des internationalen Ansehens beitragen. Ein weiterer konstruktiver Schritt ist die geplante Beseitigung der anonymen Wertpapierkonten. Damit wird kriminellen Geldern ein weiteres Refu-gium entzogen und ein häufiger Vorwurf vepen unser Land entkräftet.

dieFurche: Betrachtet man die eingangs von Ihnen genannten Zahlen, könnte die Abschöpfung von kriminellen Geldern auch eine bud-getäre Dimension bekommen.

Litzka: Zweifellos. Wenn die neuen Regelungen greifen, werden die abgeschöpften Beträge wohl jährlich die Milliardengrenze erreichen oder sogar überschreiten. Diese Mittel werden ins Budget fließen. Nach unseren Vorstellungen soll jedoch ein nicht unbeträchtlicher Teil dieses Geldes Verbrechensopfern zugute kommen, für die nach Ansicht vieler Leute noch zuwenig getan wird. Das Finanzministerium hat bereits Gesprächsbereitschaft über die Schaffung eines „Fonds für Verbrechensopfer" signalisiert.

Das Gespräch

führte unsere freie Mitarbeiterin Christine Kary.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung