Nicht die sind mit den Einsamen gemeint, denen ein unerbittliches Schicksal die Eltern genommen und sie nun allein gelassen hat. Gemeint sind die anderen, die scheinbar wohlumhegt im Kreise ihrer Familie Lebenden, die mit allen Hilfen für leibliches und seelisches Gedeihen Betreuten. Von ihnen sind manche zu der entsetzlichsten aller Einsamkeiten verdammt, zu einem bis zur stummen Qual gesteigerten Alleinsein. Denn gerade die Besten unter ihnen verurteilen sich zu völligem Schweigen; wie zur Bu-ße für ein nie begangenes Verbrechen, eine nie begangene Sünde.Solch einen einsamen Knaben
Ich war zeit meines Lebens kein Autographenjäger und zählte auch nicht zu jenen Begeisterten, die mit einem Arm voll Bücher in die Vorlesung eines Dichters kommen, um ihn zur Unterschrift in jeden einzelnen Band zu nötigen oder wohl gar die Eintragung eines Sinnspruches, einiger Verszeilen dazu zu erbitten. Aber wenn ein bekannter Schriftsteller mich besuchte und ich Bücher von ihm besaß, dann bat ich ihn doch, seinen Namen auf die Titelseite oder aufs Vorsatzblatt zu schreiben. Manchmal geschah es auch, daß der eine oder der andere, der mir gut gesinnt war, ungefragt eines seiner Werke, versehen mit Grußwort und Unterschrift, mir zuschickte. Darüber freute ich mich wohl sehr und hatte zu diesen Büchern ein noch innigeres Verhältnis als zu den anderen. Mir war, wenn ich sie in die Hand nahm, zumute, als sprächen dann auch die gedruckten Zeilen des Buches viel lebendiger zu mir, so lebendig, wie es eben nur die beigegebene Handschrift vermochte. Ein treuer, längst an den Tod verlorener Freund und unermüdlicher Wegbereiter meines eigenen Schaffens von den Anfängen an — er hat als einer der ersten auch die Werke Hermann Hesses, Wilhelm Schäfers, Hans Grimms und, bis an eine gewisse Grenze wenigstens, Erwin Guido Kolbenheyers begrüßt — knüpfte vorsorglich zwischen dem einen oder dem anderen von ihnen und mir ein loses Band.