Der Militärputsch vom 25. April hat das portugiesische Volk mit Problemen konfrontiert, deren Lösung nicht abzusehen ist. Sie scheint jetzt auch die Gefahr einer bürgerkriegs-ähnlichen Auseinandersetzung mit einzuschließen. Staatspräsident General Spinola erkannte die Schwierigkeiten, in die seine erste provisorische Regierung geriet,schon bald. Um sie zu beheben, bemühte er sich zunächst selbst um mehr Machtbefugnisse, konnte sich aber bei dem von ihm gegründeten Staatsrat nicht durchsetzen. Der zweite Stabilisie-rungsversueh ging von seinem Ministerpräsidenten da Palma Carlos aus.
Genau 132 politische Gefangene zählte man in Portugal, als sich die Gefängnisse des gestürzten Regimes öffneten. Keine zwei Stunden später begannen sich ihre Zellen von neuem zu füllen — mit jenen, die die ersteren eingesperrt hatten: 1200 Geheimpolizisten der gehaßten PTDE, Angehörige der milizartigen Legion, ein paar Staatsbeamte und zwei Minister. Wenn diese Zahl richtig war, dann sind es jetzt 1201.
Nach dem Putsch — die Arbeit. Die portugiesische Erhebung tritt in ihre zweite Phase. Sie zu bewältigen, wird den Offizieren wesentlich schwerer fallen, als der Aufmarsch der Panzer in Lissabon. Denn nach dem Rausch der Befreiungsfeiem vom 1. Mai läßt der portugiesische Alltag bereits jetzt jene Schwierigkeiten erkennen, die am ersten spürbar sein werden: die nur durch ordre de moufti gebremste Kapitalflucht und der weitere Fall der Währung. Der neue Finanzminister des Übergangskabinetts berät pausenlos, um die Inflationsrate zu bremsen.