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Zwei Ärzte rittern um einen Posten

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Hinter dem Duell um den OVP-Gesundheitssprecher zwischen Günther Leiner und Erwin Rasinger stehen verschiedene weltanschauliche Positionen.

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Hinter dem Duell um den OVP-Gesundheitssprecher zwischen Günther Leiner und Erwin Rasinger stehen verschiedene weltanschauliche Positionen.

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Auf den ersten Blick geht es bei der Entscheidung, wer sich in der nächsten Legislaturperiode mit dem Titel eines „ÖVP-Gesund- heitssprechers“ schmücken darf, bloß um die persönliche Rivalität zweier Parteifreunde, die beide Ärzte sind und - aller Voraussicht nach — beide dem neuzuwählenden Nationalrat angehören werden. Tatsächlich stehen aber Leiner und Rasinger für verschiedene weltanschauliche Positionen. Die Entscheidung von Parteichef Erhard Busek, wer in Hinkunft die „gesundheitspolitische Nummer Eins“ sein wird, hat somit Signalcharakter für die künftige politische Gesamt-Linie der ÖVP.

Auch Günther Leiner, in den letzten vier Jahren Gesundheitssprecher, und damit Nachfolger Rasingers, der Anfang 1991 vom damaligen ÖVP- Obmann Josef Riegler abgesetzt wurde, sieht in den künftigen gesundheitspolitischen Fragestellungen eine große gesellschaftspolitische Signalwirkung.

Deutlich werden die unterschiedlichen Positionen von Leiner und Rasinger anhand ihrer Aussagen zu Empfängnisverhütung, Sexualerziehung oder AIDS. So kritisiert etwa Leiner im FuRCHE-Gespräch, „daß immer so getan wird, als ob das Kondom der Schutz vor allem ist. Man suggeriert den Leuten, wenn sie ein Kondom verwenden, können sie alles machen. Dabei gibt es Untersuchungen, wonach auch Kondome rund 20 Prozent Fehlerquote aufweisen.“ Das Kondom zu propagieren sei daher auch aus gesundheitspolitischen Gründen nicht unproblematisch. Noch mehr bedauert Leiner allerdings, „daß niemand daran denkt, das einzig Sinnvolle in den Vordergrund zu stellen - nämlich die Treue in der Partnerschaft.“ Gesundheitspolitik habe - etwa auch im Bereich der Fortpflanzungs- oder der Intensivmedizin zunehmend mit Werten zu tun: „Und da wird natürlich zunehmend ein gewisses Vakuum sichtbar — ein Vakuum, daß für mich persönlich nur von christlichen Werten gefüllt werden kann.“

Rasinger hingegen verlangt eine möglichst frühe und umfassende Aufklärung der Jugendlichen über Sexualität und Verhütung: „Es nützt nichts zu sagen, Sex findet nicht statt. Und die Frage von Grundwerten wie Liebe und Treue kann man als Gesundheitspolitiker der Bevölkerung nicht vorschreiben.“ Von der Gratis-Pille oder Gratis-Kondomen hält auch Rasinger nicht viel — allerdings aus pekuniären Motiven: „Das können wir uns finanziell nicht leisten. Außerdem hat ohnehin jeder - auch Jugendliche - die Möglichkeit, sich Pille oder Kondom selbst zu beschaffen.“

Weitgehend idente Aussagen von Leiner wie Rasinger sind mittlerweile zum Thema Abtreibung zu hören (vor seiner Ablöse als Gesundheitssprecher hatte Rasinger durch mangelnde Ablehnung des „Abtreibungs-Medikaments“ RU 486 für Wirbel gesorgt). — Rasinger:' „Als Arzt und Vater zweier Kinder kann ich keiner Frau die Abtreibung empfehlen — die Debatte müßte daher sein, ,wie kann ich Abtreibungen vermeiden1 und nicht ,welche Methode wende ich an‘.“ — Leiner: „Für mich hat kein Mensch, und vor allem auch kein Arzt, das Recht, Leben zu töten. So gesehen ist jede Methode schlecht.“

Eine „Entartung der Natur“ sieht Leiner in der Homosexualität. Eine Gleichstellung mit der Ehe komme für ihn ebensowenig in Frage, wie eine Senkung des Schutzalters.

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