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Die Fundis kommen

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Überall sind sie im Kommen, die Fundis, wie die Fundamentalisten scherzhaft genannt werden. In der Politik, in der Kirche, in der Schule, aber auch privat, und da besonders in der Gastronomie, breitet sich der Fundamentalismus zusehends aus.

Der eine Fundi ißt um die Burg keine Suppe, der andere läßt außer Nudelsuppe nichts anderes Suppiges an sich heran. Wieder ein anderer ist auf Zwiebelsuppe abonniert und schiebt Fritattensuppe und Erbsensuppe empört zur Seite.

Doch der gastronomische Fundamentalismus beschränkt sich nicht nur auf Suppen. Nein, bei der Hauptspeise fängt er erst so richtig an. Salat vorher oder dazu, kein Fleisch oder nur Fleisch, mit Saucen oder ohne, gebraten oder gedünstet, Schwein oder Rind, Leber- oder Blutwurst – so ließen sich die Fundi-Alternativen noch endlos aufzählen.

TOLERANTE DEMOKRATEN

Und jeder Fundi ist der Meinung, seine Wahl ist die einzig richtige, wie das halt so ist bei den Fundamentalisten. Die toleranten Demokraten, die essen, was so auf den Tisch kommt oder auf der Menükarte steht, die sind im Aussterben. Dabei ist Vegetarisch oder Fleisch noch die harmloseste Fundi-Version.

Bei den Getränken treiben sie’s besonders arg, die Fundis. Der eine schwört auf den G’spritzten, der andere auf sein Cappy-pur. Der eine trinkt seine gewohnte Halbe aus der Stammbrauerei, der andere schlürft dietätisch sein kohlensäurearmes Mineral.

Der eine versetzt seiner Gesundheit einen früchtegepreßten Vitaminstoß, der andere gibt sich sein angestammtes Cola. So hat jeder seine trinkmäßige Heilslehre, von der er ebensowenig abzubringen ist, wie ein echter Schweizer von seinem Rösti. Fundamentalismus ist also nicht nur etwas radikal Gefährliches in Politik und Religion, nein, er ist auch und besonders eine Plage der Hausfrauen und eine Geißel für Kellnerinnen und Kellner, die die Küche und die Köche in Weißglut bringen kann.

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