Pötzelsberger statt Marlovits: Ich will keinen Neuen!

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Autorin Brigitte Quint vermisst Ex-"ZiB 1"-Moderator Johannes Marlovits. Er verkörperte in ihren Augen Bodenständigkeit und Normalität in Reinkultur. Eine Kolumne über ein sang- und klangloses Verschwinden von der Zeit im Bildfläche.

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Autorin Brigitte Quint vermisst Ex-"ZiB 1"-Moderator Johannes Marlovits. Er verkörperte in ihren Augen Bodenständigkeit und Normalität in Reinkultur. Eine Kolumne über ein sang- und klangloses Verschwinden von der Zeit im Bildfläche.

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Um abends zu entspannen, schaue ich mir die „ZiB 1“ an. Sie beruhigt mich. Gesetzt den Fall, mir entgeht tagsüber eine Meldung, nach der „ZiB 1“ bin ich wieder auf dem neuesten Stand. Schon klar, das ist oldschool. Aber das ist ein anderes Thema.

Seit Neuestem entspannt mich die „ZiB 1“ nicht mehr. Sie regt mich sogar auf. Daran sind nicht Trump, Bolsonaro oder gar Corona schuld. Verantwortlich dafür ist die Tatsache, dass Johannes Marlovits durch Tobias Pötzelsberger ersetzt wurde. Ausgerechnet Marlovits ist weg. Gemeinsam mit seinem Pendant Susanne Höggerl verkörpert er Normalität und Bodenständigkeit in Reinkultur. Keine Spur von Allüren oder Selbstverliebtheit. Er ist so herrlich unaufgeregt – genau das brauche ich, um abzuschalten.

Man könnte darauf entgegnen, dass es Nadja Bernhard und Tarek Leitner auch noch gibt. Aber die tun mir nichts. Sie sind eitel, und ihr Habitus gehört in die Kategorie Seitenblicke. Das finde ich eher erfrischend. Das war zumindest so, solange ich darauf vertrauen konnte, dass Marlovits wieder die nötige Erdung in die Sendung bringt.

Das ist jetzt vorbei. Nun ist Pötzelsberger da. Wahrscheinlich tue ich Pötzelsberger unrecht. Im Zweifel spendet er sein ganzes Gehalt einem Waisenhaus in Weißrussland, während Marlovits vier Leichen im Keller liegen hat. Pötzelsberger wurde zum „Journalist des Jahres“ gewählt, das Publikum liebt ihn. Im Vergleich ist Marlovits ein Underdog. Sang- und klanglos übernahm er 2019 die „ZiB 1“-Moderation, sang- und klanglos gab er sie wieder ab.

„Weniger Drama, dafür mehr Gelassenheit“ – das scheint sein Credo zu sein. Das muss ich mir nun täglich selber vorsagen, bevor ich um 19.30 Uhr den Fernseher anschalte.

Lesen Sie auch die "Quint-Essenz" über den Kurz-Hype in Bayern oder den Generationenkonflikt.

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