7104051-1995_23_08.jpg
Digital In Arbeit

Nach Tschernobyl noch kein Ende der Strahlung

Werbung
Werbung
Werbung

Im internationalen Vergleich zählt Österreich zu den vom Tschernobyl-Fallout am stärksten betroffenen Ländern. Die mittlere Flächenbelastung Österreichs beträgt 23.400 Becquerel Cäsium-137 pro Quadratmeter. Maximalwerte der Deposition (etwa 200.000 Becquerel Cäsium-137 pro Quadratmeter) finden sich sonst nur in Weißrußland, Rußland, der Ukraine und in Teilen Skandinaviens.

Von den insgesamt 70 PetaBecque-rel Cäsium-137 (1 PetaBq = 1015 Becquerel), die in Tschernobyl freigesetzt und weltweit verteilt wurden, sind insgesamt etwa zwei in Österreich deponiert worden.

Vom Umweltbundesamt wurden gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium alle derzeit vorhandenen Cäsium-137 Messungen im Boden nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl zusammengefaßt und graphisch dargestellt. Für die Darstellung der Karten konnten insgesamt 1.788 Messungen verwendet werden, davon 168 aus grenznahen Gebieten der Nachbarländer.

Die Meßdaten wurden in einer Datenbank zusammengefaßt, welche als Bestandsaufnahme für die „Beweissicherung” im Fall möglicher weiterer radioaktiver Niederschläge auf Österreich dienen kann.

Der Niederschlag (Deposition) von Radionukliden führt zu einer Kontamination des Bodens. Die deponierte Aktivität ist aber nicht identisch mit der Aktivität des Bodens zum Zeitpunkt der Messung. Zwei Ursachen sind dafür ausschlaggebend. Erstens ist der Zeitpunkt der Messung oft Jah -re nach der tatsächlichen Deposition der Radionuklide erfolgt. Wegen des physikalischen Zerfalls der Radionuklide gemäß ihrer Halbwertszeit wurde zur Vergleichbarkeit der Meßwerte die Belastung auf den 1. Mai 1986 zurückgerechnet. Zweitens können1 ökologische Prozesse zur Ab- oder Anreicherung in einem bestimmten Boden führen, das heißt zur Verlagerung und damit Veränderung der deponierten Menge beziehungsweise zur Akkumulation.

Besonders stark kontaminierte Gebiete mit Spitzenwerten der Flächenbelastung bis über 100.000 Becquerel pro Quadratmeter sind:

■ ein von Norden bis zu den Hohen Tauern verlaufender Streifen: Teile des Wald-, Mühl- und Hausruckviertels, die Gegend um Linz, die Welser Heide, die Pyhrngegend, Salzkammergut, westliche Niedere Tauern und Hohe Tauern bis zu den Zillerta-ler Alpen,

■ ein Gebiet im Süden Österreichs: Koralpe, Südkärnten - dieser Streifen setzt sich nach Italien fort...

Besonders niedrig belastete Gebiete unter 10.000 Becquerel pro Quadratmeter:

■ das ostösterreichische Flachland, Marchfeld, Weinviertel, Nordburgenland, Tullnerfeld

■ Teile Kärntens und das südliche Osttirol

■ Teile des westlichen Mühl- und Innviertels

■ Teile Vorarlbergs: Rheintal, Südteil des Landes.

Die Kontamination landwirtschaftlicher Produkte hat seit dem Reaktorunfall 1986 kontinuierlich abgenommen, während in Waldökosystemen weiterhin hohe Aktivitäten von Cäsium-137 in Pflanzen und Wildtieren gemessen wurden. Es besteht ein beträchtlicher Unterschied im Verhalten radioaktiver Stoffe zwischen Agrar- und Waldökosystemen. In Waldböden findet eine viel langsamere Umsetzung der organischen Substanz statt als in vergleichbaren

Böden der Agrarökosysteme. Einerseits werden Waldböden (wie zum Beispiel Ackerböden) nicht mechanisch bearbeitet, andererseits erfolgt auch kein periodischer (jährlicher) Biomasseentzug durch Nutzung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung