Auf Wahnsinn abonniert

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Zwei Ausstellungen unterschiedlicher Qualität über den Theater-Exzentriker Klaus Kinski in Wien.

Er war ein Ausnahmekünstler, der polarisierte wie kein anderer deutschsprachiger Schauspieler seit 1945: Klaus Kinski, abonniert auf entrückte oder wahnsinnige Figuren zwischen Zerbrechlichkeit und Brutalität. Klaus Kinski, das Enfant terrible, gefürchtet bei Dreharbeiten, drückte jedem Film, so kurz sein Auftritt auch war, seinen Stempel auf. Ihm ist nun im Wiener Theatermuseum eine Ausstellung gewidmet: "Ich Kinski" führt den Besucher durch sämtliche Lebensabschnitte und Schaffensperioden. Szenenfotos, Filmausschnitte, Tonaufnahmen, private Aufzeichnungen, Kinski-Kostüme lassen den großen Mimen, der 1991 in Kalifornien gestorben ist, hochleben.

Brutal und zerbrechlich

Der 1926 als Klaus Nakszynski bei Danzig geborene Autodidakt machte seine ersten Theatererfahrungen im Kriegsgefangenenlager. Berühmt wurde er durch seine Rezitationen von Balladen und Gedichten, etwa von Francois Villon oder Arthur Rimbaud, die oft mit einer Publikumsbeschimpfung und vorzeitigem Abbruch endeten. "Text-Eros pur" urteilt der exzeptionell gut geschriebene Katalog über die Rezitationen, die in über 25 Schallplattenaufnahmen verewigt wurden. Der Bühne kehrte Kinski 1961 den Rücken. Am Wiener Burgtheater blieb es bei einem einzigen Auftritt, weil er das Sakrileg beging, nach der Vorstellung ("Torquato Tasso") vor den Vorhang zu treten und dem Publikum Kusshändchen zuzuwerfen, was damals streng verboten war.

Klaus Kinski spielte in insgesamt 127 Filmen, darunter Meisterwerke ebenso wie veritabler Schund. Doch selbst im minderwertigsten Streifen gab er die volle schauspielerische Intensität, so dass jeder seiner Filmauftritte sehenswert ist, auch wenn der Film selbst es nicht ist. Im deutschen Film der fünfziger Jahre war Kinski ein Fremdling, der fast nur Nebenrollen spielte. In den sechziger Jahren spielte er zwielichtige Charaktere in zahlreichen Filmen der Edgar WallaceSerie, mit bizarren Bösewichten in Italowestern ("Für ein paar Dollar mehr", 1965) wurde er zum internationalen Star. Kinskis Abstieg in den siebziger Jahren verlief parallel zum Abstieg des europäischen Genrekinos. Doch Kinski schaffte den unglaublichen Spagat zwischen C-Movie und Autorenfilm: Unter Regisseur Werner Herzog spielte er die Titelrollen in "Aguirre, der Zorn Gottes" (1972), "Nosferatu" (1978), "Woyzeck" (1978) und "Fitzcarraldo" (1982). Sein letzter Film "Paganini" (1989), bei dem er selbst Regie führte, kann leider nicht als Vermächtnis betrachtet werden.

Internationaler Star

Keine zwei Minuten vom Theatermuseum entfernt, lockt das Palais Palffy mit einer Ausstellung: "Kinski in Wien". Der Direktor des Kunsthistorischen Museums Wilfried Seipel, zu dessen Imperium auch das Theatermuseum gehört, ist not amused: "Da hat ein Privatmann eine Marktlücke entdeckt: Ausstellungsthemen Abschießen. Aber ich möchte schon auf die unterschiedliche Qualität der Ausstellungen hinweisen. Überspitzt formuliert: Da liegen Welten dazwischen." Immerhin ist "Ich, Kinski" im Theatermuseum ursprünglich eine Ausstellung des deutschen Filmmuseums, die von Kinskis Witwe Minhoi Loanic und dem Sohn Nikolai unterstützt wird.

Ich, Kinski

Österreichisches Theatermuseum

Palais Lobkowitz. Bis 1. Juni.,

Di-So 10-17, Mi bis 20 Uhr

Kinski in Wien

Palais Palffy. Bis 20. Juli.

tägl. 10-18, Do bis 20 Uhr

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