Aus Österreichs braunem Dunstkreis

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Walter Wippersberg zeichnet das beklemmende Bild eines bekannt anmutenden "gutbürgerlichen Extremismus".

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Walter Wippersberg zeichnet das beklemmende Bild eines bekannt anmutenden "gutbürgerlichen Extremismus".

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Im Mittelpunkt von Walter Wippersbergs neuem Roman "Die Irren und die Mörder" stehen zwei Versuche dreier wohlsituierter Bürger, den Staat durch Anschläge mit Lebensmittelfarbe auf Trinkwasserreservoirs zu erpressen sowie der gelungene Mord an einer Lehrerin. Der Autor zeichnet das beklemmend realistische Bild eines "gutbürgerlichen" Rechtsextremismus in Österreich.

Mit virtuoser Leichtigkeit und viel Witz schildert er die Geschichte der Herren Wegner, Grossmann und Hladek, Apotheker, Biochemiker und Amtsleiter im Rathaus einer Kleinstadt in der Nähe Wiens, die eine der voneinander abgeschotteten Dreiergruppen einer geheimen rechtsextremen Organisation bilden.

Nachdem die Bekennerschreiben des erfolgreichen ersten Anschlags - sie tragen den Briefkopf der Bajuwarischen Befreiungsarmee - von den Medien totgeschwiegen werden und der zweite mißlingt, geraten die Dinge außer Kontrolle. Wippersbergs Beschreibungen sind vom Blick des ironischen Menschenkenners geprägt: "An der Wohnungstür ein flüchtiger Kuß auf Marthas Wange; die Zeiten, da er ihr (auch das nur bildlich gesprochen) schon an der Tür die Kleider vom Leib hatte reißen wollen, waren vorbei."

Die Lehrerin Martha, Wegners Geliebte, kommt den dreien auf die Spur und soll liquidiert werden. Sie wendet sich an die Polizei, die ihr natürlich nichts glaubt.

Der Autor zeichnet mit seiner Geschichte das Gegenbild zum angeblich unpolitischen Einzeltäter Franz Fuchs. Nur zu glaubwürdig schildert er die Auswüchse einer antidemokratischen, elitären Denkweise, die es in Österreich zweifellos nicht allzu selten gibt. Den Ernst der Geschichte - die Attentate verlaufen im Sand, aber der Mord an Martha gelingt - lockert Wippersberg immer wieder mit witzigen Beschreibungen und Randbemerkungen auf. Trotz des ernsten und unerfreulichen Themas bereitet sein neues Buch durchaus auch ein Lesevergnügen. Dies nicht zuletzt dank seiner psychologischen Beobachtungsgabe: "Er schwitzte, als er wieder in den Schalterraum trat, aber das war gewiß nicht auffällig, denn es war ein frühsommerlich heißer Tag ... Er wird daran denken, daß er später in seiner Gruppe erzählen kann, eine heikle Mission bei einer gewiß aufsehenerregenden Aktion übernommen zu haben. Vielleicht denkt er auch gar nicht. Vielleicht, wir wollen ihn nicht überschätzen, konnte er das gar nicht alles gleichzeitig: Heftig schwitzen und sich umdrehen und dabei noch denken."

DIE IRREN UND DIE MÖRDER Roman von Walter Wippersberg Verlag Otto Müller, Salzburg 1998 184 Seiten, geb., öS 198,- 144 S., geb., öS 248,

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