Ausbildung als Zumutung

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In kaum einem demokratischen Land hält sich der Mythos vom Journalismus als Begabungsberuf so hartnäckig wie in Österreich. Ein Mythos? Nachdem das menschliche Genom vollständig entschlüsselt ist, hat man vieles gefunden - das Journalismus-Gen war definitiv nicht dabei. Das heißt: Journalismus kann man lernen. Davon zeugen international viele Ausbildungsgänge, die von FHs, Universitäten und berufsständischen Einrichtungen angeboten werden. Nicht dass aus diesen Ausbildungen quasi sofort einsetzbare Menschen erwüchsen (das ist ja bei anderen Ausbildungen auch nicht der Fall), aber es wird ein solides fachliches und gesellschaftliches Fundament gelegt. Das kann und soll durch praktische Erfahrungen (wie bei anderen Berufen auch) ergänzt werden. Da mag sich dann auch erweisen, wer talentierter ist und wer nicht, denn nicht alle Berufseinsteiger schaffen es ganz an die Spitze (wie in jedem andern Beruf auch). Das alles spricht aber noch nicht gegen eine solide Basisausbildung auf akademischem Niveau.

Warum man in Österreich aber immer noch weitgehend auf Training on the Job und Learning by Doing setzt, bleibt rätselhaft. Hat es mit der Überzeugung zu tun, dass man Loyalität (oder schlimmer: Abhängigkeit) nur so erzeugen kann? Fürchtet man Widerständigkeit oder gar die Einhaltung professioneller Standards? Hält man Reflexionswissen gar für systemgefährdend? Meint man dass die Qualität der Angebote dem internationalen Vergleich nicht standhält? Ist man davon überzeigt, dass nur Erfahrung und der Rekurs auf die eigene Biografie für nachhaltige Erkenntnisse sorgen kann? Vielleicht eine Mischung von alledem. Alle diese sind keine "sozialen Naturgesetze“, sondern Werturteile, denen man mit Verstand und Qualität begegnen kann - für eine bessere Qualität im Journalismus. Davon kann man bekanntlich nie genug haben.

Der Autor ist Prof. f. Medienwissenschaft an der Uni Klagenfurt

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