Autodestruktive Kunst

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Gustav Metzger verweigert die Musealisierung seiner Werke. Eine Ausstellung in der Generali-Foundation.

Bekannt ist Gustav Metzger hierzulande in erster Linie als Initiator des legendären "Destruction in Art Symposium" in London, das den Wiener Aktionisten im September 1966 zu ihrem ersten internationalen Auftritt verhalf. Die Vielseitigkeit des 1926 in Nürnberg geborenen Künstlers und politischen Aktivisten wird jetzt in einer Retrospektive der Generali Foundation gewürdigt. Eine Ausstellung über Gustav Metzger ist an sich ein Wagnis, denn Metzger hat sich in einer Konsequenz wie kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler der Musealisierung seiner bewusst auf Vergänglichkeit angelegten Kunst widersetzt.

Prozesse statt Werke

Im Zentrum seiner Kunst stehen weder Künstler noch dauerhafte Werke, sondern Prozesse, Manifeste, Vorträge und Demonstrationen. 1969 erfand Metzger die "Autodestruktive Kunst", die das Zerstörungspotenzial des 20. Jahrhunderts zum Ausdruck bringen sollte. Seinen kritischen Ansatz, der sich gegen die Auswirkungen der kapitalistisch orientierten Industriegesellschaft, gegen Atomversuche, Umweltverschmutzung und Krieg richtete, versuchte er in konkreten Arbeiten sichtbar zu machen. So entstanden Skulpturen, die im Laufe der Zeit verfallen, Leinwände, die von Säure zerfressen werden oder Acrylglasobjekte - gefüllt mit Autoabgasen. "Als junger Mensch wollte ich eine Kunst entwickeln, die das Politische in sich trägt und die Welt verändert", meinte Metzger beim Gespräch in der Generali Foundation.

Wie treu Gustav Metzger seine Prinzipien bis heute verfolgt, zeigte sich auch bei der Pressekonferenz. Seine Kritik an der Idealisierung des Künstler-Individuums macht im Unterschied zu manch anderen Künstlern auch bei der eigenen Person keinen Halt. Jegliche Fotos und Fernsehaufnahmen seiner Person verbat sich Gustav Metzger.

Dass die Generali Foundation gerade im "Gedankenjahr" einen derart reflektierten Künstler präsentiert, der sich seit Jahrzehnten mit Geschichte, insbesondere dem Nationalsozialismus auseinander setzt, ist nicht genug zu schätzen. Als Sohn orthodoxer Juden verlor Metzger beinahe seine gesamte Familie durch den Holocaust. Er selbst überlebte, da er 1939 gemeinsam mit seinem Bruder mittels des "Refugee Children Movement" nach England geschickt wurde. Die Verbrechen des Nationalsozialismus haben seinen Kunstbegriff jedoch entscheidend geprägt.

In seinen "Historic Photographs" thematisiert Metzger den Umgang unserer Gesellschaft mit Bildern der Geschichte. Berührend sind die in der Schau präsentierten Foto-Objekte wie "Hitler adressing the Reichstag after the fall of France, July 1940" oder "Liquidation of the Warsaw Ghetto, April 19-28 days" - beide aus dem Jahr 1995. Die allgemein bekannten Fotos hat Metzger durch davor montierte Verschläge und Platten verdeckt. Nur durch einen seitlichen Blick können wir die Quellenfotos erahnen. Gerade durch die Nichtsichtbarkeit werden die Bilder wieder bedeutsam - und als Betrachter beginnt man über die Problematik von Fotos als Speicher von Geschichte nachzudenken.

Geschichte fotografieren?

Gustav Metzger müsste mit der Retrospektive in der Generali Foundation zufrieden sein. Denn die sensibel gestaltete Schau erinnert mehr an eine Dokumentationsstelle oder an ein Archiv als an ein Museum. Und doch ist zu spüren, dass es sich dabei unverkennbar um die Präsentation von Kunst handelt.

Gustav metzger

Geschichte Geschichte

Generali Foundation

Wiedner Hauptstraße 15, 1040 Wien

bis 28. 8., Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr.

Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm begleitet.

Info: http://foundation.generali.at

Publikation zur Ausstellung:

Gustav Metzger. Geschichte Geschichte, hrsgg. von Sabine Breitwieser, Cantz Verlag (deutsch oder englisch), e 34,-

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