Bilanz eines Starkomikers

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"Sie werden Lachen!" - die Karl Farkas-Ausstellung im Jüdischen Museum in Wien.

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"Sie werden Lachen!" - die Karl Farkas-Ausstellung im Jüdischen Museum in Wien.

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Wahrscheinlich ist es eine Frage des Alters, wie sehr einem die Karl Farkas-Ausstellung "Sie werden lachen!" im Wiener Jüdischen Museum in ihren Bann zieht: Ob man dort Programme, Fotos und Dokumente studiert oder Ausschnitte aus den von seinem Direktor, Textdichter und Hauptdarsteller geprägten "Simpl"-Programmen verfolgt und immer noch über viele Pointen herzlich lachen muss, obwohl die letzte TV-Aufzeichnung mit Farkas vor nunmehr dreißig Jahren produziert wurde. Die dreißigste Wiederkehr seines Todestages am 16. Mai ist nun der Anlass für eine Ausstellung, die auch ein wenig österreichische Zeitgeschichte vermittelt.

Der 1893 bereits in Wien geborene Carl entstammte einem ungarisch- jüdischen Elternhaus und begann seine Theaterlaufbahn in der böhmischen Provinz und in Linz. Inflationsbedingt mussten erste Engagements in Wien durch Auftritte in Kabaretts und Bars ergänzt werden - unter anderem in höchst erfolgreichen Doppelconferencen mit Fritz Grünbaum . Bald entwickelte Farkas seine Fähigkeiten als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller für die in der Zwischenkriegszeit sehr beliebten Revuen, verfasste Filmdrehbücher und übernahm die künstlerische Leitung verschiedener Theater und schließlich des "Simpl".

Schon 1924 hatte er die ehemalige Kollegin Anna Bozena Han geheiratet, 1928 kam der einzige Sohn Robert zur Welt. Mit zweieinhalb Jahren erkrankte der Bub an einer Gehirnhautentzündung, die irreparable Schäden hinterließ. Im März 1938 gelang Karl Farkas in letzter Minute die Flucht, über Brünn und Prag gelangte er nach Paris, wohin Frau und Kind nachkommen konnten, nach Kriegsausbruch wurde er in einem französischen Arbeitslager interniert. Nach Erhalt eines tschechoslowakischen Passes trennte sich die Familie, Karl flüchtete zu Fuß über die Pyrenäen und kam von Lissabon aus nach New York. Anna und Robert Farkas überlebten den Krieg in Annas böhmischer Heimat.

Der Anfang in New York fiel schwer, Auftritte in Exilantencafes oder im "Kabarett der Komiker" (mit Oskar Karlweis, Armin Berg, Hermann Leopoldi) folgten. Erste Erfolge stellten sich ein mit Überarbeitungen und Neuinszenierungen von Operetten, etwa der "Lustigen Witwe", Kontakte mit Robert Stolz begründeten eine lebenslange Zusammenarbeit der beiden. Als der Künstler 1945 eine dauernde Ansiedlung in New York überlegte und seine Familie nachkommen lassen wollte, scheiterte das am Einreiseverbot für den geistig behinderten Sohn.

Im November 1946 kehrt Farkas nach Wien zurück, 1948 wird er Leiter des Kleinen Hauses in der Liliengasse, 1950 schließlich übernimmt er wieder das Kabarett "Simpl". Dort ist er gleichzeitig Textdichter, Regisseur, Conferencier und Star des Ensembles, dazwischen schreibt er Filmdrehbücher, Lustspiele, führt Theaterregie.

Farkas' Stärken sind seine brillanten Wortspiele und das untrügliche Gefühl dafür, dass nicht aggressive Polemik und durchtriebene Bösartigkeit sein Publikum erfreuen, sondern die blitzgescheite Ironisierung menschlicher Schwächen und politischer Verhältnisse. Als 1955 seine erste Sendung über die österreichischen TV-Schirme läuft, wird er eine Institution. Mit zunächst monatlichen, dann vierteljährlichen "Bilanzen", mit den alljährlichen Silvestersendungen (nun mit Ernst Waldbrunn in der Doppelconference) erreicht er höchste "Quoten". Der schon zwei Jahre davor an Darmkrebs erkrankte Künstler stirbt am 16.Mai 1971, er erhält ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof.

Bis 1. Juli

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