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1966:Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, Verbindung eines sinnlichen und leidenssensiblen fränkischen Volkskatholizismus mit Barock at it’s best: bis heute meine Heimat.

1972: Festspielhaus Bayreuth, Wagners bürgerliche Kunstreligion, (über)mächtig und abgründig. Aber: "Da ist ein Musiker, der mehr als irgendein Musiker seine Meisterschaft darin hat, die Töne aus dem Reich leidender, gedrückter, gemarterter Seelen zu finden und auch noch dem stummen Elend Sprache zu geben“ (Nietzsche). Und der weiß, wie spätmoderne Mediengesellschaften funktionieren (werden).

1982: Dokumenta 7 und die Entdeckung: Zeitgenössische Kunst kennt von der Gegenwart mehr als die eben studierte Theologie. Weil jener die Gegenwart ein Problem ist und weil sie subversiv und prophetisch experimentiert mit dem "anderen Blick“. Deshalb haben alle Diktaturen Angst vor der freien Kunst: ihre schlagendste Rechtfertigung.

2011: Thomas Struth, Düsseldorf, Fotografien. Riesige Bilder, distanziert den Objekten gegenüber und doch mit einer fast religiösen Aufmerksamkeit. Eine Ahnung, dass die Welt nicht nur so ist, wie sie alltäglich (er)scheint.

Güte und Religion, aber auch Schönheit und Kunst sind nicht identisch. Im Zweifelsfall misstraue ich dem Schönen, aber nicht der Kunst, der Religion, aber nicht Gott. Und zusammen gehören Kunst und Religion auch nur wie Parallelen, die sich in der Unendlichkeit schneiden. Unter den Bedingungen der "gefallenen Natur“ ist es gut, wenn sie sich respektieren und füreinander interessieren: aber nicht mehr. Falls Religion Kunst zensiert, muss man als Christ aufseiten der Kunst stehen.

Sollte mir einmal der Glaube schwinden, werde ich mich, gut kulturprotestantisch, allein in ein Zimmer setzen und Bachs Matthäuspassion hören.

* Der Autor ist kath. Pastoraltheologe an der Universität Graz

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