Blödes Buch verblödelt

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Die Wolf Haas-Verfilmung "Komm, süßer Tod" ist so unscharf wie des Autors Sprache.

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Die Wolf Haas-Verfilmung "Komm, süßer Tod" ist so unscharf wie des Autors Sprache.

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Komm, süßer Tod" von Wolf Haas ist das einzige Buch dieser Welt, dass ich einmal fast in den Müll geschmissen hätte. Jawohl. Ist nämlich kaum zu ertragen. Fehlen immer wieder Satzteile. Lässt Subjekte und Prädikate unter den Tisch fallen, weil Haas ja ein richtiger Schriftsteller mit eigener Sprache und so. Die filmische Übersetzung dieser Mätzchen durch Regisseur Wolfgang Murnberger sieht dann so aus: Die Kamera schwenkt in die falsche Richtung, ihr Objekt verschwindet aus dem Bild, die Kamera wird herumgerissen, das Objekt kommt wieder ins Bild. Ha, ha. Ja kann man denn in Österreich nicht einfach einen ganz normalen Film drehen!

Dabei hat sich die österreichische Filmwirtschaft - ein schönes Synonym wie "Hollywood" gibt es hierzulande nicht - für die Verfilmung des im Sanitätermilieu spielenden Erfolgskrimis "Komm süßer Tod" mächtig ins Zeug gelegt: Wolf Haas selbst als Drehbuchautor und Statist; eine brillante Besetzung, bei der selbst in kleinsten Nebenrollen Charaktere auftauchen: Trude Fukar, die Oma aus der Möbel Lutz-Werbung, als Patientin im Rollstuhl, Barpianist Louie Austen als Pokerspieler. In den Hauptrollen glänzen Darsteller wie Josef Hader, Simon Schwarz, Michael Schönborn, Reinhard Nowak, Karl Markovics und die derzeit im österreichischen Film zu Recht allgegenwärtige Nina Proll. Sogar einen richtigen Soundtrack gibt es, mit Musik von den "Sofa Surfers" und den coolsten Sprüchen - soweit man von "cool" sprechen kann.

Denn vieles, allzuvieles, in "Komm, süßer Tod" ist einfach Blödelei. Nicht scharfer Witz, der punktgenau trifft, sondern der verschmiert rüberkommt; nicht Humor, der gewissermaßen die conditio humana auf die Schippe nimmt, sondern einer, der über die Grenzen Ostösterreichs nicht hinauskommt. Zugegeben, manche der Ansagen, die der Sanitäter und Ex-Polizist Brenner (Josef Hader) schiebt, sind köstlich. Wie er am Ende ebenso unbeholfen wie linkisch von dem tussigen Rettungsflittchen Angelika (Nina Proll) die Belohnung für die Aufklärung des Falles einfordert, ist einfach zum Totlachen. Aber ein guter Film besteht eben aus mehr als einigen gelungenen Schmähs.

Dass sich zwei durch und durch verbrecherische Wiener Rettungsvereine im wahrsten Sinne des Wortes bis aufs Blut bekämpfen, gäbe schon eine taugliche Grundlage für einen schrägen Thriller ab. Doch der Film scheitert auch an der Figur des Ex-Kommissars. So witzig Hader auch spielt, dem Brenner kann selbst er nicht zu Glaubwürdigkeit verhelfen. So jemandem ist die Aufklärung einer zunächst rätselhaften Mordserie einfach nicht zuzutrauen, selbst wenn er seine Jugendfreundin Klara (Barbara Rudnik) wiedertrifft und ihr imponieren will. Dass eine schicke, smarte Informatikprofessorin sich überhaupt mit diesem heruntergekommenen, lethargischen Zyniker einlässt, liegt jenseits des Glaubhaften, selbst wenn man die sich zwischen ihnen entwickelnde spezielle Erotik in Rechnung stellt: er - nach einer Schlägerei mit Blutergüssen und Schürfwunden übersät, sie - nach einem Autounfall in Gips. Eine wahrlich verletzliche Beziehung ...

Die frühen "Kottan"-Filme, mit denen diese Krimikomödie wohl verglichen werden wird, waren exakte Soziogramme mit dem richtigen Schuss Absurdität. Sie gingen in die österreichische Filmgeschichte ein. "Komm, süßer Tod" ist eine lustige Story mit ein paar formalen Mätzchen. Dafür verdient dieser Film nur eine Fußnote in der Historie.

Ab Freitag im Kino

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