Wenn das keine Herausforderung ist: Mitten im brütend heißen Sommer eine Geschichte über den Hauptwohnsitz des Christkinds zu erfinden! Wo haust dieses himmlische Flatterwesen eigentlich: Auf Wolke sieben? Im Dachboden der Hofburg? Oder gar auf der dunklen Seite des Mondes? Um die 53 angefragten Autorinnen ihrer Christkind-Anthologie ein halbes Jahr vor der Bescherung in Weihnachtsstimmung zu bringen, haben Barbara Brunner und Caroline Kleibel eilfertig Tannenzweigerl mit Goldmasche in ihre Briefe gesteckt. Weihnachten, das ist und bleibt eben das Hochfest der Sinne und Sentimentalitäten.
Der Trick hat übrigens gefruchtet: "Lebt das Christkind hinterm Mond?“ nennt sich die - pünktlich vor dem großen Fest erschienene - Sammlung teils skurriler, teils nachdenklicher, meist ziemlich origineller Annäherungen an das Weihnachtsfest. Es sind ausnahmslos österreichische Journalistinnen, die ihre höchstpersönlichen Begegnungen mit dem Christkind erzählen: Inge Baldinger hat es dank eines berührenden Gesprächs mit ihrem Bruder tatsächlich Husarenkrapferl backend auf der Schattseite des Mondes entdeckt; Franziska Lipp sah sein Schmunzeln bei einem nächtlichen Dialog zwischen einem Polizisten und einem Zauberer; Christina Repolust traf es bei einer bosnischen Hochbauingenieurin, die in einem österreichischen Vorzeigehaushalt putzen muss und bei einer Spenden-Aktion des örtlichen Lions-Clubs kunstvoll humpelt; und FURCHE-Literaturchefin Brigitte Schwens-Harrant fühlte seinen Flügelschlag bei Apfelschnaps und Räucherstäbchen am "Ort der Erlösung“, der auf 3800 Metern Seehöhe im Annapurnagebirge des Himalaya liegt.
Das Christkind, ahnt man nach Lektüre all dieser Geschichten, lebt nicht nur hinterm Mond, sondern irgendwie überall. Hauptsache, es gibt dort auch jemanden, der daran glaubt. (dh)
Lebt das Christkind hinterm Mond?
Weitere Weihnachtsgeschichten für große Kinder. Von Barbara Brunner und Caroline Kleibel (Hg.). Anton
Pustet 2011. 180 S., geb., 19,95
